CDU Alsfeld lud zum Austausch mit Kanzleramtsminister Helge BraunCorona-Folgen beim Einzelhandel „eklatant und existenzbedrohend“
ALSFELD (ls). Über fünf Monate war der Einzelhandel durch den Lockdown im Kampf gegen die Corona-Pandemie geschlossen, die Folgen: „eklatant und existenzbedrohend“. So jedenfalls beschreiben es Alsfelder Einzelhändler. Auch die Überbrückungshilfen können die Einschnitte offenbar nur bedingt abmildern. Im Online-Gespräch zeigte sich Kanzleramtschef Helge Braun mit Blick auf den Neustart nach der Pandemie dennoch optimistisch.
Lockdown, Schließung, Öffnung, dann wieder Schließung: Seit über einem Jahr hält die Corona-Pandemie viele verschiedene Branchen in Atem – manche mehr, manche weniger. Auch viele Einzelhändler in Bekleidungsgeschäften waren davon betroffen: Über fünf Monate hatten sie insgesamt geschlossen. Bund und Land haben zwar mit zahlreichen Hilfsmaßnahmen mittlerweile Rekordsummen an betroffene Unternehmen ausgezahlt, doch nicht überall hat das reibungslos funktioniert.
Welche konkreten Auswirkungen hatten die letzten Monate auf den Alsfelder Einzelhandel, wie soll es weitergehen und was ist für einen erfolgreichen Neustart nötig? Zu all diesen Fragen lud die CDU Alsfeld zu einem offenen Austausch mit Kanzleramtsminister Helge Braun ein.
„Corona verlangt der Wirtschaft einiges ab“, sagte Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule zu Beginn. Neben Einschränkungen im privaten Bereich, geschlossenen Schulen, Schließungen im Bereich der Gastronomie und von Kultur- und Sporteinrichtungen seien die Handeltreibenden in der Stadt besonders von den Maßnahmen des Lockdowns und notwendigen Infektionsschutzmaßnahmen betroffen gewesen. Viele individuelle Geschichten habe er als Bürgermeister gehört – über Tränen, Skepsis, Hoffnung und Angst sei alles dabei gewesen.
Zwischenzeitlich, so erklärte es Paule, sei für einige nicht mehr nachvollziehbar gewesen, warum ein Geschäft öffnen darf ohne Einschränkungen, ein anderes mit einem ähnlichen Angebot allerdings nicht oder aber wieso man für kurze Zeit nach Auslaufen der Bundesnotbremse keinen Negativtest beim Friseur vorzeigen musste, doch jetzt wieder. All das sei über die vergangenen 18 Monate eine erhebliche Belastungssituation gewesen, für alle Wirtschaftszweige und auch für die Politik. Die Mittelzentren aber würden für eine Situation stehen, wie sie durch die Krise wohl vielfach in Deutschland vorkommen würde – auch wenn sich bislang der Einzelhändler nicht als Treiber der Pandemie gezeigt habe.
Braun: Zuhause ist es am gefährlichsten
Das konnte auch Kanzleramtschef Helge Braun bestätigen: „Zuhause ist es am gefährlichsten.“ Genau da stecke allerdings auch das Dilemma, denn in den privaten Bereich könne man politisch kaum Einfluss nehmen. Aus diesem Grund sei die Frage nach den Schließungen keine Frage darüber gewesen, wo die meisten Infektionen stattfinden, sondern eine Frage, wo die Menschen miteinander in Kontakt treten. Da, wo Menschen Kontakte haben, würden die Infektionen stattfinden, was es zu unterbrechen galt. „Und dass das klappt, habe wir durch die sinkenden Infektionszahlen durch die Lockdown-Phasen immer wieder gesehen“, erklärte Braun.
Alles in allem habe man es mit einer Naturkatastrophe mit schwerem Folgen zu tun, die man in diesem Ausmaß seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr gesehen habe, mit weit mehr als 800.000 Toten.
Die Bundesnotbremse habe nun nun in der dritten Welle ihre Wirkung gezeigt, jetzt gelte es weiterhin besonnen zu sein und nicht zu schnell zur Normalität zurückzukehren, sodass man den „Jojo-Effekt“ der letzten Monate endlich brechen könne und man nicht in wenigen Wochen wieder von Schließungen sprechen müsse.
Was dieses hin und her der vergangenen 18 Monate mit der mittelständischen Wirtschaft gemacht hat, verdeutliche die Alsfelder Einzelhändlerin und Vorsitzende des Verkehrsvereins, Ute Eisenach: „Für den Einzelhandel war das eklatant und existenzbedrohend.“ Während die Akzeptanz der Maßnahmen im ersten Lockdown im März 2020 noch nachvollziehbar groß war, hätte das von Lockdown zu Lockdown abgenommen. Das habe mitunter an neuen Regelungen gelegen, wonach manche hätten öffnen dürfen, andere nicht. „Warum durften Buchläden öffnen und Bekleidungsgeschäfte nicht? Was ist daran mehr relevant?“, fragte Eisenach.
Überbrückungshilfen als Pflaster, das die Wunde nicht heilt
Auch die finanziellen Hilfen von Bund und Länder seien nicht die Hilfe, die man brauche. Selbstständige würden sich oftmals kein Gehalt auszahlen können, hätten die kompletten Rücklagen aufgebraucht, sich neu verschuldet, die Altersvorsorge aufgelöst. All das seien Schilderungen, die sie von vielen Einzelhändlern höre. Im Bekleidungsgeschäft wurde Ware bestellt, die bezahlt werden musste.
„Ich beispielsweise habe Ware zum Einkaufswert von über 100.000 Euro bestellt. Wovon wird diese Ware bezahlt? Darüber macht sich niemand Gedanken“, sagte sie und stellte in den Raum, dass bei den Entscheidungen der Überbrückungshilfen besser auch Menschen aus der Praxis beraten sollten und nicht nur Theoretiker. Dennoch habe die Überbrückungshilfe erst einmal vielen Einzelhändlern geholfen. „Das war ein großes Pflaster, aber es hat die Wunden nicht geheilt“, sagte Eisenach.
Die beste und unkomplizierteste Hilfe sei die Soforthilfe ganz am Anfang gewesen, sagte Braun aus seiner Sichtweise. Gelder seien unkompliziert und schnell geflossen. Leider gehöre zur Wahrheit allerdings auch, dass mit der Soforthilfe Missbrauch begangen wurde – und zwar zu etwa 20 Prozent. Man habe die Hoffnung gehabt, dass die Menschen in einer solchen Lage ehrlich seien – das war nicht der Fall. Also habe man den Steuerberater dazwischen schalten müssen, was die Überbrückungshilfe sehr starr mache. Die finanzielle Unterstützung soll auch trotz Öffnung weiterlaufen, sodass den Unternehmen weiterhin geholfen werden könne und auch die Kurzarbeit soll verlängert werden, stellte Braun in Aussicht.
Dem stimmte Stadthallenbesitzer Torsten Schneider zu, der sich mehr Flexibilität mit den Überbrückungshilfen wünscht – beispielsweise dann, wenn man ein neues Unternehmensfeld in der Pandemie eröffnet hat, anhand dessen man keine Fixkosten aus dem vorausgehenden Jahr anrechnen kann. „Das ist ein Sonderfall und für solche Fälle gibt es Fonds für Härtefälle, wo dann statt wie bei der automatisierten Überbrückungshilfe individuell entschieden wird“, gab Braun als Tipp.
Gleichbehandlung von unterschiedlichen Unternehmen
Wie die Unterscheidung zwischen den einzelnen Branchen zustande gekommen sei, die von Eisenach zuvor angesprochen wurde, könne man nicht ganz so einfach beantworten. „Unsere Wirtschaft ist nicht eingeteilt in Unternehmen die wichtig sind und welche, die nicht wichtig sind. Alle Unternehmen haben ein Recht offen zu sein“, sagte Braun. Beim ersten Lockdown sei die Unzufriedenheit noch überschaubar gewesen, da jeder geschlossen hatte. Dann habe man angefangen zu öffnen und jede Abgrenzung sei dabei angreifbar gewesen. „Die Gleichbehandlungsfrage ist immer eine, die zurecht gestellt worden ist, weil sich unsere Gesellschaft und Unternehmen nicht eingrenzen lassen in bedeutend und unbedeutend.“
Nun gelte es vorsichtig und besonnen vorzugehen – und den Status wieder zu erreichen, den man vorher hatte. Dazu gelte es vor allem die Menschen zu überzeugen, dass sie sich impfen lassen. „Es müssen so viele Leute geimpft sein, dass sich das Virus nicht mehr ausbreiten kann, weil es auf zu viele Geimpfte trifft“, sagte Braun. Insgesamt gab sich Braun optimistisch mit Blick auf die Entwicklung der vergangenen Wochen. „Die Infektionszahlen purzeln, die Inzidenz von 50 ist in greifbarere Nähe. Ich hoffe, dass sich die Lage normalisiert und sich das Leben dahin entwickelt, wie wir es kennen.“
Nach Corona, wenn man über dem Berg sei, müsse man sich dann mit der Frage beschäftigen, wie man die Innenstädte weiterhin attraktiv halten kann – auch gegenüber dem Onlinehandel.
Der Einzelhandel ist der große verlierer in der Corona Pandemie.
doch das Entrecôte / Rib-Eye Steak kichert. Werner Kalbfleisch sieht das eben nur aus der Schweine-Nackensteak-Perspektive. Generell stimmt seine Feststellung nicht. Der Handel insgesamt hat sich als relativ krisenfest erwiesen. Es kommt an, womit man (einzel)handelt. Siehe https://www.manager-magazin.de/finanzen/coronavirus-ohne-auswirkungen-fuer-milliardaere-die-reichen-werden-immer-reicher-a-1fae6ba5-5809-4f44-a29d-20aeee303c1a
Wann hat eigentlich die angebliche 3. Welle angefangen?
Ich zähle nur 1. Welle ab März 2020 und 2. Welle ab Dezember 2020. (Dauerwelle, besagte fünf Monate, eher 6 Monate…)
geht ein(e) Glatzköpfige(r)*in zum Friseur? Sie will sehen, wo der Lockdown-Frosch die Lock(erung)en hatte. Jetzt muss er/sie oder sie/ihn nur noch fragen, nach welcher Lockerung oder Mutanten-Attacke die Inzidenzwerte jeweils gefährlich nach oben geschnellt sind. Und er/sie muss natürlich bis drei zählen können.