Rückblick mit Zahlen und wichtigen EreignissenChronologie: Wie sich die Corona-Pandemie im Vogelsberg entwickelt hat
VOGELSBERG (ls). Während die Politik die Notbremse zieht und dadurch die steigende Zahlen der Corona-Infektionen durchbrechen will, ist die dritte Welle längst Realität – auch im Vogelsberg. Seit knapp zwei Wochen steigen die Zahlen der Neuinfektionen stetig an, die Medizin warnt vor Zuständen nach Ostern ähnlich wie um Weihnachten. Wo steht der Vogelsberg in der Corona-Pandemie? Ein Rückblick auf die Entwicklung der letzten Wochen.
Gerade einmal zwei Wochen ist es her, zwei Wochen, als die Inzidenz, also die Kennzahl, anhand derer Deutschland in der Corona-Pandemie die Notwendigkeit für Gegenmaßnahmen bemisst, im Vogelsberg so niedrig wie seit langem nicht mehr war. Am 11. März lag sie bei 32,2 innerhalb von sieben Tagen auf 100.000 Einwohner gerechnet. Leicht angestiegen war sie zu diesem Zeitpunkt schon wieder, den niedrigsten Stand hatte die Vogelsberger Inzidenz nur zwei Tage vorher erreicht, wo sie sogar kurzzeitig mal unter 30 lag.
Am gleichen Tag hatte es zwei Todesfälle gegeben. Im Zusammenhang mit einer Covid-19-Infektion sind am 9. März eine 77-Jährige und ein 75-Jähriger verstorben. Zwei Tage später, am besagten 11. März, gab es erneut einen Todesfall. Es sollte der Letzte sein, jedenfalls für knapp zwei Wochen, dann gab es erneut traurige Nachrichten aus dem Gesundheitsamt. Am 25. März meldete die Behörde einen weiteren Todesfall in Zusammenhang mit einer Covid-Erkrankung.
98 Verstorbene zählt der Kreis bislang, Stand Freitag. Dem entgegen stehen 2.823 bestätigte Infektionen mit dem Virus, seit die Pandemie auch im Vogelsberg begonnen hat. 2.541 ehemalige Patienten haben die Infektion überstanden und sind wieder genesen. Die meisten Infektionen gab es bislang in Alsfeld. 512 Fälle wurden hier bislang registriert – über 100 Fälle weniger als in der Kreisstadt und über 470 Fälle mehr als in der Gemeinde Antrifttal. Dort waren es seit Beginn der Pandemie insgesamt 38 nachgewiesene Infektionen.
Das war vor etwas über einem Jahr, genauer: Am 5. März 2020. Damals meldete das Gesundheitsamt den ersten Fall im Vogelsberg, der in Zusammenhang mit einem Ausbruchsgeschehen in Berlin stand. Damals noch waren die nachfolgenden Fälle überwiegend auf Skiurlaube zurückzuführen. Danach gab es eine Pause: neun Wochen lang kam keine Neuinfektion im Frühsommer des Vorjahres hinzu, mit Ende der Sommerferien stiegen die Zahlen und mündeten im traurigen Höhepunkt mitten in der zweiten Welle im Dezember.
Zu diesem Zeitpunkt waren es Ausbruchsgeschehen in nahezu allen Altenheimen, was zu hohen Todeszahlen führte. An Heiligabend war die Lage im Krankenhaus Eichhof in Lauterbach extrem angespannt. Fast dauerhaft haben sich um die Weihnachtszeit etwa 20 Covid-Patienten gleichzeitig dort befunden, manchmal sogar noch mehr. Immer wieder hatte man dort mit langen, schweren Verläufen zu kämpfen, erklärte Chefarzt Tobias Plücker damals. Die Gesellschaft habe die Kontrolle über das Virus verloren, sagte er zu diesem Zeitpunkt, das Virus sei „völlig diffus in der Bevölkerung verteilt“ und die Dynamik sei nicht absehbar gewesen.
Coronavirus: Lage im Lauterbacher Eichhof weiterhin „extrem angespannt“
Ende Januar ebbte die Welle ab – vielleicht auch, weil noch im Dezember die Impfungen in den Altenpflegeheimen begonnen hatten. Das eigens eingerichtete Impfzentrum in der Alsfelder Hessenhalle öffnete Anfang Februar. Bis zu diesem Donnerstag wurden 13.635 Vogelsberger geimpft, 9.400 haben dabei bislang lediglich die Erstimpfung erhalten. Die Impfungen in den Altenheimen sind mithilfe von mobilen Impfteams seit dem 15. März abgeschlossen, in den Behinderteneinrichtungen geht es aktuell weiter. Zu Beginn dieser Woche wurde damit begonnen Senioren zu impfen, die nicht mobil sind und selbst in das Impfzentrum kommen können.
Seit Anfang März hielt sich die Zahl der Neuinfektionen konstant, seit Mitte März steigen die Zahlen wieder an. 203 bestätigte Neuinfektionen sind es seit dem 11. März, allein am 20. März wurden 20 Neuinfektionen und am 25. März 24 Neuinfektionen registriert. An diesem Freitag hat der Kreis die Inzidenz-Marke von 100 wieder überschritten – 41 neue Fälle sind es.
Mittlerweile wurde eine Homepage erstellt, auf der sich Impfspringer registrieren lassen können, die schnell und unkompliziert einspringen können, sollte Impfstoff übrig bleiben. Bis zum Donnerstag haben sich etwa 3.000 Personen registrieren lassen, so meldet es der Vogelsbergkreis. Zusätzlich wurden 25 Testcenter in Apotheken oder aber anderen Räumlichkeiten eingerichtet, in denen sich die Bürger einmal in der Woche testen lassen können. Im DRK-Testzentrum in Alsfeld wurden bis Ende der vergangenen Woche 331 Schnelltests gemacht.
Allem voran liegt es an privaten, familiären Treffen, die derzeit zu ansteigenden Zahlen führen. „Die Häufungen beobachten wir innerhalb der Familien“, erklärte der Leiter des Gesundheitsamts Ende der vergangenen Woche, bei jeder zweiten Infektion werde die britische Virusmutation festgestellt. Über Ausbruchsgeschehen, die auf Gastronomien oder Geschäfte des Einzelhandels zurückzuführen sind, gibt es bis heute keine Meldungen – jedenfalls wurden solche, wenn es sie gegeben hat, nicht durch den Kreis bekannt gegeben. Meist hatten Besagte ohnehin durch den Lockdown geschlossen.
Inzwischen gibt es aber stattdessen Ausbruchsgeschehen in den Kitas. Erst am Mittwoch wurden Corona-Ausbrüche in vier Kitas gemeldet. Sechs bestätigt infizierte Personen gab es dabei, 125 Menschen befinden sich deshalb in Quarantäne. Ein Tag später wurden zwei Kitas geschlossen. Auch neue Daten aus Belgien und Großbritannien weisen daraufhin, dass Kinder und Jugendliche anfälliger für die Virusmutation sein könnten, wie der Spiegel berichtet.
Die Lage im Eichhof ist derweil noch entspannt, jedenfalls mit Blick auf die reinen Zahlen und im Vergleich zur angespannte Lage um den Jahreswechsel. Ende der vergangenen Woche waren drei Corona-Patienten auf der Covid-Station in dem Krankenhaus, kein Patient lag auf der Intensivstation. Auch an diesem Freitag lag Daten der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) zufolge kein Corona-Patient auf einer Vogelsberger Intensivstation, im Deutschlandvergleich zeigt sich allerdings, dass die Anzahl der wegen Corona belegten Betten auf Intensivstationen wieder ansteigt.
Überrascht war man in Lauterbach nicht, dass die Zahlen wieder steigen, die Virus-Mutationen machen den Ärzten Sorgen. Auch wenn es zwischendurch weniger Fälle im Krankenhaus gab, so berichtet es Chefarzt Plücker, habe man keine Zeit zum Verschnaufen gehabt. Schon zu diesem Zeitpunkt waren 50 Prozent der Patienten mit der britischen Variante des Virus infiziert. RKI-Chef Lothar Wieler warnte davor, dass es deutliche Signale gebe, dass die dritte Welle schlimmer werde, als die ersten beiden.
„Die dritte Welle ist bereits Realität“, antwortete Plücker in Ende der vergangenen Woche. Der Blick auf die Entwicklung der letzten Wochen gibt ihm Recht.
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