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Vogelsberger Grüne stellen Wahlprogramm zur Kommunalwahl vorNeun Themengebiete für den Vogelsberg

VOGELSBERG (ls). 7,7 Prozent haben die Vogelsberger Grünen bei der letzten Kreistagswahl geholt und sitzen daher mit fünf Mitgliedern als zweitstärkste Oppositionspartei im Kreistag. In der kommenden Wahlperiode soll es mehr Sitze für die Grünen geben, um sich stärker für einen zukunftsfähigen Kreis einsetzen zu können, wie die Partei sagt. Neun Themenbereiche stehen dabei im Fokus der Grünen – und die wurden am Freitagabend digital vorgestellt.

Es war für die Grünen eine Premiere, wie Fraktionsvorsitzender Udo Ornik erklärte. Statt wie üblicherweise bei einer Veranstaltung mit vielen Mitgliedern und Interessierten, fand die Vorstellung des Wahlprogramms zur Kommunalwahl im Pandemie-Jahr etwas kleiner und zusätzlich noch digital statt. „Das ist ein Experiment, was wir hier als Wahlveranstaltung wagen, was einerseits sehr bequem ist, aber auch ein paar technische Herausforderungen birgt“, sagte Ornik, der selbst auf Platz 2 der Grünen Liste für den Kreistag steht.

Gemeinsam mit den anderen drei Spitzenkandidaten der Partei, Spitzenkandidatin Gabriele Szepanski, Claudia Mävers und Daniel Schmidt, wurde das – erst kürzlich fertiggestellte – Wahlprogramm vorgestellt. Neun Themengebiete sind es geworden, die die Grünen auf der Kreisebene in den kommenden fünf Jahren anpacken wollen.

Drei Pakete für den Umwelt- und Naturschutz im Kreis

Umwelt- und Naturschutz

„Was der Kreis in Sachen Umwelt- und Naturschutz tun kann, kann man grob zusammengefasst in drei Pakete packen“, sagte Claudia Mävers, die als Nachrückerin bereits in der vergangenen Wahlperidoe für die Grünen im Kreistag saß. Ein Paket seien dabei die kreiseigenen Flächen wie bei Schulen, auf denen eine naturnahe Umgestaltung stattfinden solle und beispielsweise Blühflächen angelegt werden könnten. Ortschaften und Feldränder sollen ebenfalls grüner werden.

Das zweite Paket umfasse ein ordnungsrechtliches Handeln des Kreises. Dabei sei vor allem das Vogelsberger Wasser ein Thema. „Wir müssen dafür sorgen, dass der Vogelsberg nicht leergesaugt wird“, erklärte sie. Die Grundwasserentnahme für Ballungsgebiete müsse reduziert werden. Dazu müssten die Brunnen überwacht werden, damit der Grundwasserpegel nicht zu sehr abgeschwächt werde und man rechtzeitig reagieren könne. „Das Thema wird sich durch den Klimawandel noch verschärfen und beim Wasser sehen wir die Auswirkungen schon jetzt“, sagte sie. Gleichzeitig fehle es an ordnungsrechtlichen Kontrollen bei beispielsweise Ausgleichsmaßnahmen, das sei oftmals ein rechtsfreier Bereich für den sich niemand zuständig fühle. Als Beispiel nannte Mävers die Ausgleichsmaßnahme für die A49. Aus diesem Grund müsse die Naturschutzbehörde des Kreises stellenmäßig aufgestockt werden, um auch solche Maßnahmen zu kontrollieren.

Claudia Mävers auf Platz 3 der Liste möchte sich für die Themengebiete Landwirtschaft, Tourismus und Naturschutz und Umweltschutz einsetzen. Foto: Grüne Vogelsberg

„Ordnungsrechtlich muss da mehr passieren“, erklärte Mävers auch mit Blick auf die Vergangenheit. Vor etwa 15 Jahre habe es einmal einen Landschaftsüberwachungsdienst gegeben, der flächendeckend kontrolliert habe, dass die Gesetze vor Ort eingehalten werden – und auch kontrolliert hätte, dass nicht außerhalb der Rodungszeit Bäume gefällt werden oder aber der Dünger auf landwirtschaftlichen Flächen nicht ordnungsgemäß verteilt werde. Das sollte aus Sicht der Grünen wieder eingeführt werden. Als drittes Paket führte sie die Förderung der im Kreis sehr aktiven Naturschutzverbände an, die stärker unterstützt werden sollen.

Wirtschaft und Tourismus

In Sachen Wirtschaft und Tourismus müsse der Kreis das, was oft in privaten Initiativen der einzelnen Kommunen geschehe, koordinieren und für Vernetzung sorgen. „Wanderwege oder aber Radwege enden oft an den kommunalen Grenzen und werden nicht überregional vernetzt“, erklärte Mävers. Das solle sich ändern und das bestehende Angebot ausgebaut werden. Gleichzeitig müssten die Mitarbeiter in der Kreisverwaltung fortgebildet werden, um den Tourismus stärker und kreativer zu fördern. Dazu brauche es außerdem neue touristische Ziele, die den Vogelsberg auch unter ökologischen Aspekten erlebbar machen würden. Auch die Wirtschaftsförderung müsse mehr unter ökologischen, sozialen und ethischen Aspekten arbeiten.

Klimaschutz, Energieeinsparung und erneuerbare Energien

Bei den Themenschwerpunkten zu Klimaschutz, Energieeinsparung und erneuerbare Energien sei immer die Frage, so erklärte es Ornik, wie man diese Themenfelder auf den Kreis runterbrechen könne. Auch sei es wichtig, die Klimaprobleme auf die praktische Politik umzusetzen. So wolle man erreichen, dass die globalen Klimaziele auch in regionalen Entscheidungen berücksichtigt werden. Schon in der vergangen Zeit im Kreistag habe man versucht eine Klimaschutzbeauftragten für den Kreis zu bekommen – das Ziel wolle man weiterhin verfolgen. Außerdem sollen Gebäude, die dem Kreis gehören, nachhaltig gestaltet werden und zur Reduzierung der Emission beitragen. Das Thema wolle man besonders in Hinblick auf den Krankenhaus-Neubau konkret einfließen lassen.

Steht auf Platz 2 der Grünen-Bewerberliste für den Kreistag: Udo Ornik, der sich bereits seit zehn Jahren im Kreistag engagiert. Seine Themenschwerpunkte für die kommende Wahlperiode: Klimaschutz, Finanzen, Verwaltung sowie Ver- und Entsorgungspolitik. Foto: Grüne Vogelsberg

„Die Klimasparmaßnahmen hier im Kreis müssen stärker werden“, sagte Ornik und forderte eine vermehrte Nutzung von regenerativen Energien im Ovag-Gebiet. Auch müsse die Ovag einen stärkeren Anteil an Windkraftanlagen tragen und die dezentrale Stromproduktion müsse ebenfalls gestärkt werden.

Langfristig für zweigleisigen Ausbau der Vogelsbergbahn sorgen

Verkehrswende

Im Bereich der Verkehrswende steht bei den Grünen vor allem der Bahnverkehr im Fokus des Wahlprogramms – und ganz vorne: Der langfristige zweigleisige Ausbau der Vogelsbergbahn. „Ein konkretes Beispiel ist das große Holzwerk hier in Lauterbach, das sich entschlossen hat, auf die Schienen zu gehen – jedenfalls zum Großteil. Das ist ein guter und wichtiger Schritt“, erklärte Daniel Schmidt. Gleichzeitig werde es allerdings schwer, den normalen Zugverkehr mit dem Güterzugverkehr auf einem Gleis zu vereinbaren.

Langfristig müsse also ein zweigleisiger Ausbau der Bahn her, der gleichzeitig eine engere Taktung und eine direkte Verbindung in die Ballungsgebiete biete. Hier sei es wichtig – besonders mit Blick auf den ländlichen Raum – dass die Lösungen finanzierbar sind und man vor allem die Menschen mitnehme. Dazu gehöre auch, die Bahn für Pendler attraktiv und komfortabel zu gestalten. Barrierefreie Bahnhöfe, kurze Fahrtzeiten, Direktverbindungen nach Frankfurt und attraktive Bushaltestellen und Bahnhofsplätze würden hier dazu gehören. „Hier geht es drum, dass der Kreis sich einsetzt und Impulse setzt, die Entscheidung allein kann er natürlich nicht treffen“, erklärt Schmidt.

Die Verkehrswende sei eine Herausforderung im ländlichen Bereich, die flexible Konzepte fordere. Auch ein überregionales Radwegekonzept sei ein Punkt, den man in den kommenden Jahren mitgestalten und vorantreiben wolle.

Soziales, Integration und Gesundheit

„Man muss sagen, dass der Kreis hier schon sehr gut aufgestellt ist“, lobte Spitzenkandidatin Gabriele Szepanski die Arbeit des Kreises in den vergangenen Jahren. Die Sozialarbeiterin und Leiterin einer Tageseinrichtung ist bereits seit 30 Jahren in dem Feld tätig und hat für sich einen neuen Ansatz gefunden. „Das Feld ist sehr dynamisch. Es bestehen hier immer neue Anforderungen, die man in den kommenden Jahren kreativ begleiten muss“, erklärte sie. Es gehe immer darum, dass der Lebensraum der Menschen gestaltet werde, sodass einerseits eine Teilhabe stattfindet und man gleichzeitig gerne und gut in der Region lebt. Da sei der Kreis gut aufgestellt und habe Konzepte, die mithilfe der Wohlfahrtsverbände gut umgesetzt würden.

Gleichzeitig gehe es in diesem Feld immer um Teilhabe, um Konzepte, die zur Selbstbestimmung und Chancengleichheit beitragen. Deshalb wolle man sich dafür einsetzen, dass die sozialräumliche Jugendhilfe und die vorbeugende Hilfe im Kreis weiter ausgebaut werden und der Kreis in diesem Hinblick als Servicedienstleister gestärkt werde. Dazu gehöre auch die Stärkung der Volkshochschule als Zentrum für Integration, lebenslanges Lernen und Gesundheitssport. Mehrgenerationenhäuser sollen gestärkt werden und die Angebote zur Integration sowie die Perspektivenschaffen für Migranten.

Auf Platz 1 der Liste steht bei den Vogelsberger Grünen Gabriele Szepanski. Sie widmet sich dem Themenbereich Soziales, Integration und Gesundheit. Foto: Grüne Vogelsberg

In Sachen Gesundheit wolle man, dass die Gesundheitszentren im Kreis ausgebaut und die vorhandenen Angebote sichergestellt werden, um eine ärztliche Versorgung künftig gewährleisten zu können. Beim Krankenhaus-Neubau wolle man sich dafür einsetzen, dass die Option auf eine Geburtshilfe miteingeplant wird.

Finanzen und Verwaltung

In Sachen Kreisfinanzen wollen sich die Grünen weiterhin für eine maßvolle Haushaltsführung einsetzen und gleichzeitig dafür sorgen, dass Förderungen von Bund und Land konsequent in Anspruch genommen werden. Gleichzeitig sollen Verwaltungsabläufe durch die Digitalisierung optimiert werden und Dienstleistungen und Angebote für die Bürger verbessert werden. Außerdem wolle man sich dafür einsetzen, dass Mehreinnahmen aus wirtschaftlichen Beteiligungen erzielt werden.

Digitales Klassenzimmer in Schulen etablieren

Schule und Bildung

„Schule und Bildung sind hier im Kreis ein ganz wichtiges Thema, um gleiche Bildungschancen zu gewährleisten“, erklärte der Berufsschullehrer Daniel Schmidt. Hier wolle man dafür sorgen, dass vor allem die Grundschulstandorte langfristig abgesichert sind, um den besonderen Bedingungen des ländlichen Raums gerecht zu werden. Mit der Ganztagsbetreuung sei man in den vergangenen Jahren schon ein gutes Stück weiter gekommen, doch auch hier müsse man dafür sorgen, dass konsequent weiter ausgebaut wird. „Noch immer gibt es für Eltern hier im Kreis mit dem Wechsel der Kinder von der Kita in die Schule einen Bruch in der Betreuung“, sagte er. Aus diesem Grund müsse das Angebot in den Schulen gestärkt werden.

Mit Blick auf die Berufsschulen sei man im Vogelsberg gut aufgestellt, doch auch hier könne man das Berufsausbildungsangebot weiter stärken und die Angebote der Erwachsenenbildung an der Volkshochschule ausbauen, was nicht nur eine wichtige soziale Komponente sei, sondern auch politische Bildung stärke. Ansonsten habe man sich – mit Blick auf das Homeschooling durch die Corona-Pandemie – der Digitalisierung an Schulen verschrieben. Die Ressourcen müssen auch hier stetig ausgebaut werden und das Internet müsse als „digitales Klassenzimmer“ in den Schulalltag integriert werden.

Daniel Schmidt steht auf Platz 4 der Liste und ist Berufsschullehrer. Bislang zwar noch nicht im Kreistag vertreten – dafür aber auf kommunaler Ebene – möchte er sich in der kommenden Wahlperiode für die Themengebiete Verkehrswende und Schule und Bildung stark machen. Foto: Grüne Vogelsberg

Gleichzeitig müssten auch die Lehrkräfte an das digitale Klassenzimmer herangeführt werden. „Die Lehrer müssen ihre Kompetenzen erweitern und motiviert werden, an Fortbildungen teilzunehmen“, sagte er. Solche Weiterbildungen sollen in diesem Bereich gefördert werden.

Landwirtschaft

In Sachen Landwirtschaft habe der Kreis selbst nicht viel Spielraum, sagte Mävers zu dem Themenbereich. Dennoch könne er sich – und das wollen die Grünen umsetzen – für eine Förderung von Ökolandbau und nachhaltige Bewirtschaftung einsetzen. Und auch in der Vermarktung der Produkte aus dem Kreis könne man fördern und weiter ausbauen durch beispielsweise regionale Märkte. Auch könne man in Schulen ökologisches Essen anbieten oder Projekte wie Schulgärten oder Schulbauernhöfe fordern.

Weidetierhaltung wolle man weiterhin möglich machen, denn durch die flachgründigen Flächen im Vogelsberg sei ein alleiniger Ackerbau oft nicht möglich – dennoch sollen die Tiere vernünftig leben können. Auch Initiativen zur mobilen oder teilmobilen Schlachtung sollen unterstützt werden, um Lebendtiertransporte zu reduzieren.

Ver- und Entsorgungspolitik

Bei der Ver- und Entsorgungspolitik wollen sich die Grünen für Müllvermeidung, stärkere Mülltrennung und regionale Verwertung einsetzen und diese fördern. Flächendeckende kommunale Wertstoffhöfe könnten dabei eingerichtet werden und es soll Sorge getragen werden, dass die Entsorgung in kommunaler Hand bleibe, die durch interkommunale Zusammenarbeit gestärkt werde. Außerdem wollen sie sich für eine transparente Unternehmensführung beim Zweckverband Oberhessische Versorgungsbetriebe (ZOV) einsetzen und Strukturen reformieren. Das bedeute auch, dass neue Geschäftsfelder entwickelt werden und die Geschäftspolitik flexibler gestaltet werde.

2 Gedanken zu “Neun Themengebiete für den Vogelsberg

  1. Da soll nochmal einer sagen bei der AfD sind es alte weiße Deutsche 😂😂😂😂😂😂😂😂😂😂

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    1. …an dieser Stelle ausnahmsweise auch mal vernünftige Kommentare zu veröffentlichen? Doch, doch, die gibt es! So, und jetzt wird in den „Papierkörben“ und virtuellen Löschteichen mal qualifiziert danach gegraben/getaucht, ihr OL-*******!

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