Feuerwehr der Stadt Alsfeld reagiert mit Online-Ausbildung auf Corona-LockdownEine Feuerwehr geht online
ALSFELD (ol). Für die Feuerwehren im Vogelsberg war die Corona-Pandemie eine Herausforderung: Präsenzübungen wurden abgesagt, der Ausbildungsbetrieb stand weitestgehend still. Das brachte die Alsfelder Feuerwehr auf eine Idee: Die Feuerwehrausbildung ging online.
Alles entstand aus einer Idee im Büro des Wehrführers und stellvertretenden Stadtbrandinspektor Carsten Schmidt im Mai 2020. Mit dabei der stellvertretende Wehrführer Tobias Riemann und der Fachbereichsleiter Mathis Kruse. Weiter heißt es in der Pressemitteilung, alle drei seien schon viele Jahre in der Kreisausbildung und Standortausbildung tätig, standen vor einem Problem: Wie sollte man den Ausbildungsstandard während der Pandemie hochhalten, ohne die Einsatzbereitschaft zu gefährden.
Nach einer bereits im Februar durchgeführten Gefährdungsanalyse legte man sich selbst die Grenze der Inzidenz von 25/100.000 Einwohner. Ab hier sollten keine Präsenzübungen und andere Feuerwehraktivitäten mehr stattfinden. Man wollte selbst nicht zum „Superspreader-Event“ werden und den Ausfall der Feuerwehr aufgrund einer Quarantäne riskieren. Der Übungsbetrieb wurde im März bereits eingestellt.
Schnell war man sich einig: Zwei Bereiche musste man abdecken. Die sogenannte „Truppmann 2 Ausbildung“, die Basisausbildung von Feuerwehrmännern und Frauen und die Fortbildung der aktiven Feuerwehrkräfte. Also suchte man in den eigenen Reihen Interessierte Mitstreiter. Mathis Kruse, Florian Bochard und Naomi Hedrich, selber ausgebildete „Ausbilder in der Feuerwehr“ nahmen sich der Truppmann Ausbildung an. Vor der Pandemie lief dies über eine 80- stündige Modulausbildung über zwei Jahre. Aktuell, über eine Lernplattform für die bereits über 100 Ausbildungsvideos entstanden sind.
Ausfall der Alsfelder Feuerwehr nicht so einfach zu kompensieren
Den aktuellen Ausbildungsstandart der „Aktiven“ zu erhalten, dieser Herausforderung stellten sich Carsten Schmidt und Tobias Riemann. So entstanden Videos zur Pumpenschulung der verschiedenen Löschfahrzeuge oder zur Gerätekunde. Im September konnte man zwar kurzfristig wieder zu Präsenzübungen zurückkehren, dabei stand der Schutz der beteiligten ganz oben auf der Agenda – wer wollte den schon die Gesundheit von Oma und Opa riskieren, nur weil man am Feuerwehrdienst teilnahm. Somit konnten pro Ausbildergruppe nur sechs Personen teilnehmen.
Es entstand ein Dienstplan, wo sich die Themenfelder wiederholten, damit jeder an den Angebotenen Themen teilnehmen konnte. Gleichzeitig wurde der Abstand zwischen den Veranstaltungen so gewählt, dass vielleicht entstandene Infekfektionsketten unterbrochen werden. Als Feuerwehr mit überörtlichen Aufgaben, sei man unter anderem zuständig für die technische Rettung bei Unfällen im Stadtgebiet und auf rund 60 Kilometer Bundesautobahn. Der Ausrückbereich der Drehleiter und anderer Sonderfahrzeuge schließe die Nachbargemeinden mit ein. Ein Ausfall der Feuerwehr Alsfeld wäre also nicht so einfach zu kompensieren.
Feuerwehrausbildung in das eigene Wohnzimmer bringen
Mitte Oktober kam es dann zum zweiten Feuerwehr-„Lockdown“. Alle Präsenzübungen wurden erneut abgesagt, aber man war vorbereitet. Es sollte anders werden: Man wollte weg vom Frontalunterricht via „Zoom“ oder YouTube. Andere Feuerwehren im Kreis wurden angeschrieben, denn das Problem war überall gleich. Anfang Dezember wurden durch den Landkreis die ersten „Dozenten für Onlineausbildung“ ausgebildet, um die Ausbildung auf Landkreisebene in ein Onlineformat zu bringen. Unter ihnen waren auch Carsten Schmidt und Mathis Kruse.
Ziel sei es jetzt nicht mehr gewesen nur den Unterricht Online als Video durchzuführen, sondern ihn in das Wohnzimmer zu bringen. Der Spruch „Let me entertain you“ habe es recht gut beschrieben. Der Teilnehmer Zuhause sollte aktiv am Unterricht mitwirken. Die bereits vorhandene Technik wurde durch finanzielle Mittel der Stadt Alsfeld und des Feuerwehrvereins weiter verbessert. Die Mitarbeiter der städtischen EDV-Verwaltung unterstützen hier die Feuerwehr mit besten Kräften auch außerhalb ihrer Kernarbeitszeit.
Bei der Feuerwehr fahren die Maschinisten das Einsatzfahrzeug und bedienen die Technik. So sei inzwischen eine neue Position entstanden. Der Video-Maschinist, der während der Onlineausbildung die Technik bediene, sei direkter Ansprechpartner der Teilnehmer ist.
Sechs Onlinedienste kurzfristig angesetzt
Den aktuellen „harten Lockdown“ nutze die Kernstadtfeuerwehr ebenfalls zur Fortbildung. Nach einer kurzfristigen internen Umfrage, wo großes Interesse bekundet wurde, setzte Carsten Schmidt kurzfristig sechs Onlinedienste an. So bildetet sich die Feuerwehr im Bereich der technischen Hilfeleistung an kalten und dunklen Abenden fort. „Es ist schon eine andere Art Ausbildung, wenn man nur in eine Kamera schaut“, sagte Carsten Schmidt zum neuen Format. „Es läuft besser, von Unterricht zu Unterricht bekommt man mehr Routine.“
In den Ausbilderkreisen Alsfelds sei man sich einig, dass man am Webformat auch nach Covid-19 festhalten wolle. Gerade für junge Eltern soll so die alternative Möglichkeit geschaffen werden vom Sofa aus dem Unterricht beizuwohnen. Trotz aller modernen Technik sei man sich aber darüber einig, dass es immer nur eine Ergänzung bleibe. Denn eins könne man nicht über Glasfaser transportieren: Den sozialen Kontakt „Face to Face“, den Smalltalk und den gemeinsamen Kaffee. Etwas, was nicht nur den Feuerwehrmänner und Frauen aktuell fehlt, sondern jedem der sich in einer Gemeinschaft engagiert.
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