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Pressekonferenz der Beamten zum Ende der RodungsarbeitenPolizei und A49: “Wir können diesen Einsatz definitiv als Erfolg werten”

DANNENROD (jal). Der letzte Baum auf der Trasse der A49 ist gefallen, der Dannenröder Wald ist geräumt. In einer Pressekonferenz zog die Polizei am Mittwoch eine Bilanz des bisherigen Einsatzes aus ihrer Sicht – und machte nochmal klar: Für die Beamten ist die Arbeit in Sachen Autobahn noch nicht vorbei.

Wer der Polizei Mittelhessen auf Twitter folgt, um über Meldungen der Behörde zum A49-Ausbau informiert zu werden, dem sind Polizeihauptkommissarin Sylvia Frech und Kriminaldirektor Jochen Wegmann ein Begriff. Nach jedem Einsatztag zogen die beiden in kurzem Videos Bilanz und fassten die vergangenen Stunden aus Sicht der Beamtinnen und Beamten zusammen. Jetzt, zum Abschluss der Rodungsarbeiten, stellten sie sich in einer auch per Video gestreamten Pressekonferenz noch einmal den Fragen von Journalistinnen und Journalisten.

Zu Beginn der Konferenz dankten die beiden Sprecher ihren Kollegen, die stets besonnen vorgegangen seien und denen es zu verdanken sei, dass der Einsatz so gut abgelaufen sei. “Sicherheit geht vor Geschwindigkeit” – das sei bei diesem Geschehen keine Floskel gewesen, sagte Frech. Dieses Vorgehensweise habe sie tagtäglich von ihren Kolleginnen und Kollegen erlebt. “Sie sind immer ruhig, sie sind immer besonnen vorgegangen. Und das obwohl es wirklich widrigste Bedingungen gab.” Die Polizisten hätten im Regen und im Matsch gestanden, seien immer wieder angegriffen und beleidigt worden. Die Höhenrettung der Polizei habe hunderte Besetzer sicher zu Boden gebracht. “Eine Meisterleistung”, sagte Frech.

Wegmann sagte, der Einsatz sei im Grunde so abgelaufen, wie man es sich vorgestellt habe. Es habe friedlichen Protest als auch Angriffe auf Polizeibeamte gegeben, unter anderem mit Zwillen, Steinen und Fäkalien. Die Polizei habe das Tempo des Räumungseinsatzes selbst bestimmt und sei nicht beispielsweise von der Deges unter Druck gesetzt worden, möglichst schnell die Räumung voranzutreiben. Wegmann sagte, die Polizei habe sich auch auf komplexe Baustrukturen vorbereitet, in denen sich Aktivisten aufhalten würden – und dass es bei möglichen Fehlern sofort “eine reflexartige Verantworungsverschiebung auf die Polizei” geben werde. “Davon sind wir ausgegangen”, sagte Wegmann, dieser Reflex seitens der Besetzer sei auch eingetreten, doch die Polizei habe mit “ruhigem und besonnenem Verhalten” dagegengehalten. Durch diese Taktik habe sie schließlich auch eine Eskalation und dadurch einen Stopp der Rodungsarbeiten verhindert.

Letztlich sind wir als Polizei dafür da, rechtsstaatliches Handeln durchzubringen

Wegmann sagte, die Polizei habe durch Kommunikation auf verschiedenen Kanälen immer den Dialog gesucht. Doch in Einzelfällen habe man “unmittelbaren Zwang” in Form von Schlagstöcken, Pfefferspray oder Wasserwerfern einsetzen müssen. “Letztlich sind wir als Polizei dafür da, rechtsstaatliches Handeln durchzubringen. Wenn man durch kommunikatives Auffordern aber nicht zum Ziel kommt, muss irgendwann die Umsetzung erfolgen – und das haben wir auf diese Art und Weise erreicht – immer unter einem strengen Maßstab der Verhältnismäßigkeit.”

Die beiden Sprecher hatten auch einige Zahlen im Gepäck. So sagten sie, dass an Rodungstagen jeweils etwa 2000 Beamte im Einsatz gewesen seien, die aus allen Bundesländern sowie von der Bundespolizei in den Dannenröder Wald gekommen waren. Die Polizisten registrierten seit dem 1. Oktober im Zusammenhang mit der A49 insgesamt circa 1550 Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten wie dem verbotenen Aufhalten im Rodungsgebiet und über 450 Anzeigen wegen Straftaten. Auf Nachfrage konnten die Sprecher zunächst nicht sagen, wie viele dieser Anzeigen gegen Polizisten ergingen, weil ihnen jemand mögliches Fehlverhalten vorwirft.

Frech sagte jedoch, dass Polizisten nur Menschen seien, die wie alle anderen auch Fehler machen würden. Sie erinnerte daran, dass gegen einen Beamten wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung ermittelt werde, weil eine Frau von einem Gebilde heruntergestürzt war, nachdem der Polizist wie er zugab ein Seil gekappt hatte. Auch werde gegen einen Polizisten disziplinarrechtlich ermittelt, weil er einen Totenkopf auf einem Helm getragen haben soll.

“Uns ist es immer wirklich wichtig, dass Fehlverhalten überprüft wird”, sagte Frech. Sie forderte Menschen, die der Meinung sind, Opfer von Polizeigewalt geworden zu sein, auf, sich bei den Ermittlern zu melden – gerne auch direkt über die Staatsanwaltschaft. Es gehe um konkrete Vorwürfe, betonte die Sprecherin, die sich im selben Atemzug gegen Pauschalvorwürfe wehrte, was die Arbeit der Beamten angeht.

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Auf die Frage, ob die Polizei trotz der eingeräumten individuellen Fehler mit ihrer Arbeit zufrieden sein könne, sagte Wegmann: “Wir können diesen Einsatz definitiv als Erfolg werten” und verwies dabei auf die Einsatzdauer und die vielschichtigen Methoden, mit denen die Besetzer der Polizei die Arbeit schwer gemacht hätten. Im Zusammenhang mit diesen Umständen gebe es “kaum nennenswerte Verletze”. “Wir haben immer ruhig und besonnen agiert, von daher war das abgesehen von wenigen Einzelfällen, wo ein Fehlverhalten durch die Polizei möglicherweise gegeben ist, durchaus ein sehr erfolgreicher Einsatz.”

Über 500 Strukturen wie Baumhäuser und Barrikaden seien in den vergangenen vier Wochen im Dannenröder Wald geräumt worden, sagte Frech weiter. Mehr als 1.000 Menschen wurden in Gewahrsam genommen, bei etwa 3.200 Menschen wurde die Identität festgestellt, bei 1.000 Personen war das jedoch nicht möglich, weil sie sich zum Beispiel die Finger aufgeritzt hatten, um den Abgleich von Fingerabdrücken zu verhindern. Einige von ihnen kamen in Untersuchungshaft – alle wurden zudem fotografiert, um sie später wieder erkennen zu können. Wie viele Personen sich noch in U-Haft befinden, konnten die Sprecher unter Verweis auf die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft nicht sagen.

Tausende Platzverweise, dutzende Anzeigen wegen Landfriedensbruchs

Mehr als 2500 Platzverweise wurden ausgesprochen. 46 mal werde wegen Landfriedensbruchs ermittelt, 41 mal wegen Sachbeschädigung – darunter eine Polizeidrohne und ein Bagger bei Homberg (Ohm). Außerdem laufen hauptsächlich aufgrund verschiedener Abseilaktionen über Autobahnen 39 Verfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Die Polizisten registrierten zudem 65 Widerstandshandlungen gegen Polizisten, darunter vier tätliche Angriffe und zwei Ermittlungsverfahren wegen versuchten Tötungen von Polizeibeamten.

Auf einen Polizisten fiel ein Holzgebilde, weil ein A49-Gegner, nach dem öffentlich gefahndet wird, ein Seil gekappt haben soll. Außerdem soll ein Besetzer einen Polizisten in “luftiger Höhe” getreten haben. Insgesamt sollen mehr als 80 Polizistinnen und Polizisten verletzt worden sein, meistens jedoch leicht. Die Sprecher konnten auf Nachfragen zunächst nicht sagen, wie viele Verletzungen davon durch Angriffe zugefügt worden sind und wie viele durch Unfälle wie beispielsweise Umknicken auf dem unebenen Waldboden.

Die Polizeisprecher wandten sind in ihrer Pressekonferenz auch nochmal an die Bevölkerung der umliegenden Ortschaften. “Wir wissen, dass das eine absolute Ausnahmesituation für alle war, die hier in diesem Bereich wohnen – von Stadtallendorf über Dannenrod: Diese Polizeipräsenz kennt mit Sicherheit in dieser Form sonst keiner”, sagte Frech, die den Bewohnern der Region für ihr Durchhaltevermögen dankte und ihren Respekt aussprach.

In Dannenrod und Maulbach war vor allem zu Beginn der Arbeiten Kritik an der Polizeipräsenz laut geworden, Anwohner fühlten sich durch die vielen Polizeiautos und -beamten teilweise eingeschüchtert. Dennoch sagte Wegmann, er wolle die Frage, ob die Polizei genug Unterstützung bekommen habe, mit einem “ganz klaren Ja“ beantworten. Die Polizei habe sowohl auf der Straße als auch von der Politik “sehr viel Zuspruch bekommen”, was die Beamtinnen und Beamten bei ihrer Arbeit auch motiviert habe.

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Die Präsenz der Polizei habe sich inzwischen verringert, so Frech, beendet ist der Einsatz für die Beamten aber noch nicht. Die Aktivisten haben angekündigt, den Bau weiter blockieren zu wollen. Die Polizei will daher die Lage um die Trasse, die nicht komplett eingezäunt werden soll, weiter im Blick behalten – und somit auch beobachten und den Umständen entsprechend vermutlich einschreiten, wenn an anderen Stellen wieder Baumhäuser entstehen sollen. Ob in bestimmten Bereichen weiter Personenkontrollen erfolgen sollen, wird derzeit geprüft. Das Logistikzentrum der Polizisten vor Ort wird aus diesen Gründen noch nicht sofort abgebaut.

Zu der oft gestellten Frage der Kosten, sagte Wegmann, könne er zu diesem Zeitpunkt noch nichts sagen, da der Einsatz noch laufe. Zu gegebener Zeit solle die Summe jedoch kommuniziert werden. Die Polizei prüfe zudem, um die entstandenen Kosten zumindest anteilig den Ausbaugegnern in Rechnung gestellt werden können.

11 Gedanken zu “Polizei und A49: “Wir können diesen Einsatz definitiv als Erfolg werten”

  1. Die Polizei hat kenn ehfache Schop seemuss de blödsinn der Politik aosboore des die Polizei bei manche Mensche net mie ogesaoh es honn se selber Schold.

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  2. Danke an alle, die mitgewirkt haben, Polizei, Feuerwehr, Notärzte, Sanitäter und die Bauarbeiter.

    Ich fand die Arbeit der Höhenretter sehr beeindruckend.

    Wenn allerdings 2000 Polizeibeamte erforderlich sind, um 150 Personen unter Kontrolle zu bringen, dann kann es sich nicht mehr um eine Demonstration oder eine andere vom GG legitimierte Veranstaltung handeln. Ganz offensichtlich geht es hier stattdessen beispielsweise um Sabotage einer Baustelle.

    Schön zu hören, dass die Polizei sich so um korrektes Verhalten bemüht. Aber ist es wirklich so, dass man Gefährder nur einen Tag rausnehmen kann? Was wäre denn so schlimm, wenn man diese Leute für 7 Tage aus dem Geschehen nehmen würde?

    Man fragt sich auch, warum es so schwer ist, die Kosten den Verursachern aufzuerlegen?

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  3. Zitat von Bertolt Brecht

    „Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!“

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    1. Genau, es war fantastisch wuie die Bewohner von Dannenrod und Maulbach von der Polizei drangsaliert wurden.
      2000 Polizisten fallen ueber die Bewohner dieser Dörfer her und verhalten sich als wären sie in Feindesland und als waeren die Doerfler Kriminelle.
      Da kann man Kriegsminister Beuth nur gratulieren.
      Genau so sollte man mit friedlichen Buergern umgehen,, genau so solllte man seine eigenen Waehler kriminalisieren.

      Morgen vielleicht in deinem Dorf

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      1. Tom

        Ich weiß nicht, was Sie gesehen haben.
        Wenn ich einmal Jürgen Nickel (s. o.) zitieren darf:
        „Die Kritik an der Polizeipräsenz in Maulbach kann ich nicht teilen und ich fühlte mich auch nicht bedroht. So sehen und sahen das auch viele andere Maulbacher.
        Leider wurde durch ortsansässige Autobahngegner ein anderes Bild gezeichnet.“
        Tom, ich konnte Ihre Auslassungen weder jetzt noch in Ihren anderen Kommentaren folgen geschweige denn nachvollziehen.

        Es gibt Menschen, das sind Psychlogen und Psychiater, die anderen Menschen, das sind Erkrankte, helfen können ihre Krankheit, das sind Psychosen, zu lindern oder gar zu besiegen. Menschen, die immer wieder eine falsche Darstellungen von Geschehnissen wiedergeben leiden u. U. an dem Münchhausen Syndrom oder haben häufige bzw. dauerhafte Halluzinationen, beides sind Psychosen, die dringenst der Behandlung bedürfen.

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      2. Tom. Für diese „schriftliche Aussage“ sollte man Dich belangen: „2000 Polizisten fallen über die Anwohner her?“ Gibts denn das? Da sieht man Deinen IQ!

        Da ist aber eine Entschuldigung fällig, oder ?

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      3. @ Tom
        und wieder einmal können Sie sich in Ihrer Ausdrucksweise nicht beherrschen!!
        Ob es dem Minister Beuth gefallen würde, wenn Sie ihn hier wiederholt als „Kriegsminister“ bezeichnen??
        Ihre ganzen Kommentare in der Vergangenheit strotzen von Hähme und Hass und zusammenhanglosem, dummen Geschwätz!
        Sie denken, Sie müssten hier überall Ihren blöden Kommentar abgeben, egal unter welchem Nick-Name. Aber man erkennt Sie sofort, weil entweder Ihre Finger zu dick für die Tastatur sind, oder Sie sich durch blöde Vergleiche mit der NS-Zeit selbst ständig outen.

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      4. Tom

        Du scheinst da was zu verwechseln: hätten die ganzen „Aktivisten“ nicht Katz und Maus mit der Polizei gespielt und die Rodung wäre ohne diesen ganzen Irrsinn abgelaufen hätte kein einziger Polizist vor Ort sein müssen. Aber das war ja so gewollt. Also bitte nicht die Tatsachen verdrehen !!

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