Förster und Immobilienunternehmer aus Laubach hat Areal gekauftEntsteht auf dem Welle-Gelände bald ein Schwedendorf?
ExklusivALSFELD (jal). Dass das Werksgelände des ehemaligen Wellemöbel-Werks in Alsfeld den Besitzer gewechselt hat, ist schon länger bekannt. Nun hat sich der Käufer zu erkennen gegeben. Karl Georg Graf zu Solms-Laubach hat das Gelände erworben. Der Diplom-Förster hat in Grünberg ein Schwedendorf gebaut – und könnte sich in Alsfeld ein ähnliches Projekt vorstellen.
Was aus dem Gelände wirklich am Ende wird, das sei gleich zu Beginn gesagt, steht bislang noch nicht fest. Er habe das Areal gekauft, sagt Graf Solms am Telefon, und habe “noch keine ganz festen Pläne”, was er damit vorhabe. Die Ideen dazu wolle er gemeinsam mit Bürgermeister Stephan Paule entwickeln. Im Gespräch seien “eine Wohnbebauung oder eine Mischgeschichte”, das stehe noch nicht zu hundert Prozent fest. Eine neue Werkshalle wolle er aber nicht bauen. Es könne sein, dass die alten Gebäude mittelfristig nochmal weitervermietet würden. Langfristig gesehen solle dort jedoch etwas Neues entstehen.
Auch wenn noch offen ist, wie dieses Neue genau aussehen soll, so hat der neue Besitzer durchaus schon eine Idee, was er sich zumindest vorstellen könnte. Graf Solms ist Diplom-Förster und zugleich Immobilienunternehmer, der aus eigens geschnittenem Holz Häuser baut. So wie in Grünberg. Dort sind mittlerweile etwa 50 Holzhäuser nach schwedischem Vorbild entstanden. 60 bis 200 Quadratmeter große Wohnungen befinden sich darin, die ausschließlich vermietet werden – zu moderaten Preisen “am unteren Rand der ortsüblichen Miete”, wie es heißt. Gerade wird ein Altenheim beziehungsweise eine Tagesstätte für eine Diakonie gebaut, für kirchliche Einrichtungen sollen noch Büros entstehen, Gespräche über eine Kita für die Stadt Grünberg laufen.
Die Häuser aus massivem Holz sind laut Projektbeschreibung im Internet mit Fußbodenheizung ausgestattet und bei der Innenausstattung auf dem aktuellen Stand der Technik. Eine Holzvergaseranlage ist als “ökologisches, kostengünstiges Heizsystem” verbaut.
Außerdem sind verschiedene Serviceleistungen buchbar wie zum Beispiel ein Einkaufs- und Fahrdienst, Grünpflege, Reinigung und Botengänge. In der Anlage stehen zudem E-Autos bereit, die man sich gemeinsam mit anderen Bewohnern teilen kann. “Ein Dorf mit dem Charme einer Kleinstadt”, beschreibt es der Graf, der selbst im Laubacher Schloss wohnt, das Projekt in Grünberg.
“Das kann ich gut”, sagt er, wenn er über eine mögliche Umsetzung eines solchen “Öko-Dorfes”, wie er es auch nennt, in Alsfeld erzählt – mögliche Anpassungen Die Immobilienbranche und die Forstwirtschaft hätten gemeinsam, dass man in beiden Bereichen in größeren Zeitrahmen plane. “Ich bin ein Langfrist-Denker”, sagt der 57-Jährige. Nachhaltigkeit spiele für ihn und seine Familie eine große Rolle. Und mit Holz ließe sich durchaus haltbar und langfristig bauen – das würden die Fachwerkhäuser in Alsfeld beweisen.
Fachwerk ist ein guten Stichwort. Würden neue Fachwerkhäuser nicht besser nach Alsfeld passen, als eine Siedlung im Schweden-Stil? Er habe tatsächlich darüber nachgedacht, auch in Grünberg Fachwerkhäuser zu bauen, erzählt Graf Solms. Die Idee hat er dann aber wieder verworfen. “Gerade in Alsfeld gibt es soooo schöne alte Häuser, das würde zu sehr nach Disneyland aussehen, wenn wir das nachahmen”, sagt er schließlich. Bei so einem Vorhaben könne man nur verlieren, weil die Balken heute nicht mehr so krumm wie früher seien. Zu künstlich sehe das seiner Meinung nach aus. “Das wäre optisch eher peinlich”, sagt der Graf dazu, warum er sich auch in Grünberg für den Schweden-Look entschieden habe, der aber auch in einer Fachwerkbauweise hergestellt werde.
Ein kleines “Bullerbü”, wo früher Büromöbel entstanden? Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule sagt, er habe nichts gegen eine solche Siedlung, wenn sich der Graf tatsächlich dafür entscheide. Außerhalb des Denkmalschutz-Gebiets der Altstadt mache man nur in begrenztem Umfang Vorgaben, wie Neubauten auszusehen hätten. “Fakt ist”, sagte Paule, die Stadt könne sich gut vorstellen, dort ein Wohngebiet zu entwickeln – wie genau die Häuser aussehen werden, sei nebensächlich und noch zu klären. Der erste Kontakt mit Graf Solms sei jedenfalls “sehr sehr sympathisch” gewesen.
Erst diese Woche ist die Knappheit an Bauland in Alsfeld übrigens Thema im Bauausschuss gewesen. Zur Sprache kam dort auch das 2,6 Hektar große Welle-Gelände. „Das ist ein spannendes Areal. Es ist prädestiniert für ein innerstädtisches Wohnprojekt“, sagte Martin Schultheiß vom Stadtbauamt in seiner Präsentation. Man darf gespannt sein, was genau aus diesem “spannenden Areal” in nächster Zeit werden wird.
Wenn ich wüsste dass das in den nächsten 5 Jahren kommt, mit all den Serviceleistungen wie Einkaufs- und Fahrdienst, Grünpflege, Reinigung und Botengänge, würde ich mich jetzt schon melden.
So eine Möglichkeit hatten wir in Alsfeld schon mal als der BGS weg ging.
Was hat man daraus werden lassen? Ein Wohnmischgebiet mit einem sehr lauten Gewerbeteil ,gerade nachts. Dass das so geplant war, ist zu bezweifeln. Man hat es von seitens der Stadt halt zugelassen. Kein Mensch der das weiß baut auf den Freiflächen des Wohnmischgebietes,auf dem ehem. BGS Gelände.
„Gerade wird ein Altenheim beziehungsweise eine Tagesstätte für eine Diakonie gebaut, für kirchliche Einrichtungen sollen noch Büros entstehen, Gespräche über eine Kita für die Stadt Grünberg laufen.“
Da hat ein Bauherr mal das Ohr ganz dicht an den Bedürfnissen der Menschen. Gerade an Tagesbetreuung für Ältere und nur noch beschränkt Selbständige herrscht großer Mangel. Mit Kita, einer kirchlichen Anlaufstelle, Altenheim und Tagesbetreuung entstehen echte Dorfstrukturen. Zugleich wird das Mehrgenerationen-Wohnen auf eine neue Qualitätsstufe gestellt. Gleichzeitig könnten Hochbetagte stationär betreut, pflegende Angehörige von Betreuungsaufgaben entlastet und auch noch die Enkel in unmittelbarer Nähe der elterlichen Wohnung in die Kita gehen. Das nenne ich ein wohldurchdachtes Konzept mit hoher Attraktivität für Familien.
Bei Welle sind nie Büromöbel gebaut worden, soviel zu einer guten Recherche ;)
Herr zu Solms-Laubach macht es in jeder Hinsicht genau richtig. Fachwerknachahmung mit modernen Baustoffen wäre eine städtebauliche Todsünde und eine Beleidigung für das Auge. Anders bei der – dem Fachwerkbau ähnlichen – Ständerbauweise, die man auf den Fotos erkennt. Meiner Meinung nach gibt es aber eine noch überzeugendere Lösung, nämlich die Errichtung von Häusern in Modulbauweise und aus industriell vorgefertigten Vollholz-Elementen, wie sie von der Firma Pfeifer in Schlitz hergestellt werden (https://www.pfeifergroup.com/de/produkte/holzbau/clt-brettsperrholz/das-produkt/).
Der Dorfcharakter, der schon in Grünberg angestrebt wird, eröffnet viele Möglichkeiten, angefangen von einer Hackschnitzel-Fernheizung für das gesamte Baugebiet über ökologisches Carsharing bis hin zu sozialen Quartiersstrukturen mit Hilfeleistungen für Senioren, vielbeschäftigte Singles oder Alleinerziehende.
Erinnert ein wenig an die Seniorendorf-Idee, nur wird eben bewusst kein „Alten-Ghetto“ geschaffen, sondern auf eine gute Mischung von Jung und Alt geachtet. Besser kann man nachhaltiges Wohnen kaum planen. Für Alsfeld wäre eine solche Wohnsiedlung nach Grünberger Vorbild ein großer Gewinn. Weitere Varianten mit urbaneren Bauformen oder Konzepte zur Wiederbelebung und Modernisierung vernachlässigter Dorfkerne wären denkbar. Ein tolles Projekt! Die Zukunft lässt grüßen.
Ja Seniorensiedlung wäre klasse. Die hören wenigstens die Bahn nebenan nicht mehr.
Da kenn ich auch viele Jüngere, die den Schuss nicht hören und solche Kommentare schreiben.
…auf jeden Fall präsentiert sich hier ein Forstwirt und Waldbesitzer als mutiger Unternehmer und ideenreicher Gestalter, der das eigene Holz trotz des zusammenbrechenden Marktes nachhaltig und gewinnbringend selbst weiter verarbeitet und nicht nur praktischen, sondern auch stilvollen Wohnraum schafft.
Hier ein Link zum bisherigen Entwicklungsstand des Projekts: https://youtu.be/w1LpqpBaDLA
Zitat Gießener Allgemeine:
„Viele der Interessenten, oft im Rentenalter, kämen aus dem Frankfurter Raum, sagt Burmester. ‚Sie schätzen die gute Verkehrsanbindung, die intakte Infrastruktur Grünbergs – und das bei relativ günstigen Preisen.‘ Ebenso Menschen, die aus beruflichen Gründen flexibel bleiben wollten und auf den skandinavischen Stil stünden, gehörten zum Kundenkreis.“
Vielleicht überlegt der Bauherr, statt der relativ konventionellen Mehrparteien-Wohnhäuser oder auch zusätzlich eine Microhaus-Siedlung anzulegen. Am Nidda-Stausee gibt es bereits eine ähnliche Anlage mit Typenhäusern im skandinavischen Stil. Die gingen weg wie geschnitten Brot. Hier eines der Häuser von einer Ferienhausanbieter-Seite (https://images.traum-ferienwohnungen.de/255260/8727876/46/ferienhaus.jpg).
Was ich bereits öfter gepostet habe: Wenn das Angebot stimmt, kann auch der Vogelsberg vom neuen Nachfrageboom aus den Metropolregionen stark profitieren. Bauherren mit dem richtigen Gespür für den Markt vorausgesetzt.