Theatergruppe der Evangelischen Kirchengemeinde zeigt Charles Dickens‘ Klassiker am dritten AdventswochenendeDer „Geist der Weihnacht“ in der Schlitzer Kirche
SCHLITZ (ol). Sie ist eine der bekanntesten Weihnachtsgeschichten und sie heißt auch so: „Eine Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens. Vielfach verfilmt, sogar mit den Muppets, flimmert sie alljährlich zur Weihnachtszeit über die Bildschirme, die Geschichte des hartherzigen Ebenezer Scrooge, dem in der Weihnachtsnacht die Geister der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft erscheinen, um ihm die Konsequenzen seines Handelns aufzuzeigen – für sich selbst, bis hin zu seinem Tod, den niemand, der ihn kannte, betrauert. In diesem Jahr kommt Ebenezer Scrooge mit dem Stück „Der Geist der Weihnacht“ auch nach Schlitz.
Die Theatergruppe der evangelischen Kirchengemeinde unter der Leitung von Käthe Wildner hat sich dieser berührenden Geschichte angenommen und bringt sie in der Vorweihnachtszeit in der Schlitzer Kirche zur Aufführung. Ein mehr als passender Ort, findet laut Pressemitteilung Pfarrer Johannes Wildner, für eine zutiefst religiöse Geschichte, in der es um Glauben, Verantwortung und das Jüngste Gericht geht. „Was bedeutet das, was du tust, vor Gott“, sei die essentielle Frage, die die Geister der Weihnachtsnacht dem Menschen Scrooge stellen. Dass sie all das in der Kirche tun, einem Ort, der mit seiner Gruft und den Grabsteinen auch ein Ort des Todes ist, entfaltet eine eigene Wucht, die sich bereits beim Auftritt von Scrooges verstorbenem Freund Marley manifestiert, der ihm als Geist, gefesselt von seiner eigenen Gier, dort erscheint.
„Wir sind eng an Charles Dickens‘ ursprünglicher Geschichte geblieben“, erläutert Pfarrer Wildner, „aber wir haben diese Geschichte durch unsere Art der Inszenierung in die Gegenwart geholt.“ Das mochte, obwohl die Geschichte mehr als 150 Jahre alt ist und die Gruppe viktorianisch anmutende Kostüme für ihre Aufführung gewählt hat, nicht schwer gewesen sein, nachdem die Gruppe während ihrer Arbeit die Brisanz der hier gestellten Fragen erkannt hatte. „Uns wurde klar, dass ein zentraler Inhalt des Stücks die Frage nach den Konsequenzen des eigenen Tuns ist. Und diese Frage ist hochaktuell.“
Aktuelle Problematiken einbezogen
Pfarrer Wildner nennt hier die Themen Klima und Ausbeutung als markante Beispiele, die uns in der Gegenwart beschäftigen. „Wir müssen uns doch jetzt damit beschäftigen, wie sich unser Konsum und unsere Art zu leben auf das Klima auswirkt und damit auch auf unsere Zukunft“, stellt Wildner einen Ansatz dar, „genauso müssen wir uns die Frage stellen, auf wessen Kosten wir so leben, wie wir es tun.“ Wer näht unsere Billigklamotten? Wer sortiert unseren Müll in den Ländern, die ihn uns abkaufen? Und wer wüsste nicht um diese Problematik und verschließt dennoch die Augen davor? Genauso wie Ebenezer Scrooge, der glaubt, mit seinen Steuergeldern die Armen ausreichend zu unterstützen und ihnen nichts mehr schuldig zu sein, handeln doch die meisten Menschen. Ebenezer Scrooge, der hartherzige Geizkragen, der nur und nur an sich selbst denkt, als ein Spiegel eines jeden Mannes, einer jeden Frau?
Starker Tobak zur Weihnachtszeit, eine Adventsgeschichte jenseits des üblichen weihnachtlichen Einlullens, einen Impuls zum Nachdenken präsentiert die Schlitzer Theatergruppe am dritten Adventswochenende. „Advent – Ankunft“ kann dabei auch für die Ankunft der Geister stehen, die den Besuchern ebenso wie Scrooge ihr Handeln vor Augen führen. „Dieses Theaterstück in der Kirche ist ein Gottesdienst im wahrsten Sinne des Wortes“, findet der Pfarrer. „Der Kirchenraum selbst ist tragendes Element, der Altar als Ort der Gegenwart Gottes.“
Zweite Aufführung in der Kirche
Nach dem „Jedermann“ im Jahr 2017 ist das die zweite Aufführung, die die Theatergruppe in die Kirche legt. Ansonsten ist frei nach Shakespeares Motto „Die ganze Welt ist Bühne“ die Stadt Schlitz die Bühne für die alljährlich stattfindenden Schlitzer Theaternächte. Dieser Idee tragen in diesem Jahr die Plakate Rechnung, die die Silhouette des Ebenezer Scrooge vor verschiedenen signifikanten Orten der Burgenstadt zeigen und ihn damit auch zu einem der Schlitzer machen.
25 Schauspieler, darunter zehn Kinder, hat Käthe Wildner mit ihrer Regieassistentin Annika Keidel versammelt, schon das ganze Jahr über proben sie regelmäßig, haben das Stück vorbereitet, für sich und Schlitz passend gemacht. „Es hat im Lauf des Jahres eine ganz eigene Dynamik entwickelt“, resümiert Johannes Wildner, „am Ende waren wir selbst ganz überwältigt von der Tiefe und Aussagekraft, zu der wir als Schauspieler fähig sind.“
Vom Scrooge über Marlow bis hin zu dem kleinen Tim Cratchit sind die Rollen ausnehmend gut besetzt und ausgestattet. Die Theatergruppe konnte sich sowohl aus einem eigenen kleinen Fundus bedienen, aus privaten Kleidungsstücken und Accessoires sowie aus der Kostümkammer des Schlitzerländer Trachtenfestes. Nicht immer ganz viktorianisch, doch zumindest aus alter Zeit, sind die Kostüme, die zwar auf die Entstehungszeit der Geschichte anspielen, jedoch ohne die Aktualität ihres Inhaltes in Frage zu stellen.
Trotz der Schwere des Stücks und der düsteren Erfahrungen, die Ebenezer Scrooge in der Weihnachtsnacht macht, ist „Der Geist der Weihnacht“ ein Stück für die ganze Familie, denn der hartherzige Ebenezer Scrooge bekommt eine zweite Chance. Im Traum steht er an seinem eigenen Grab, am Weihnachtsmorgen wacht er auf und beginnt ein neues Leben. Er zeigt sich fähig zu Veränderung – vielleicht ist auch das ein guter Impuls für die Zuschauer und für die Weihnachtszeit.
„Der Geist der Weihnacht“ wird aufgeführt in der Schlitzer Kirche an folgenden Tagen:
Donnerstag, 12. Dezember 20 Uhr
Freitag, 13. Dezember 20 Uhr
Samstag, 14. Dezember 14 Uhr und 20 Uhr,
Sonntag, 15. Dezember 18 Uhr.
Der Eintritt ist frei.
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