Das große OL-Interview zum Wasserstreit mit der Mainmetropole„Der Vogelsberg hat nicht mehr Wasser als Frankfurt“
VOGELSBERGKREIS (jal). Gräbt Frankfurt dem Vogelsberg buchstäblich das Wasser ab? Der Streit zwischen den Regionen um die lebenswichtige Ressource macht auch diesen Sommer wieder Schlagzeilen. Doch was ist dran an den Vorwürfen? Ein Gespräch mit Wasserschützer Dr. Hans-Otto Wack über die Machenschaften von Nestlé, Regenwasser im Klo – und die Frage, wer mit dem Vogelsberger Wasser Geld verdient.
Die Floskel sei einem verziehen, aber im vergangenen Jahr gab es Berichte aus der Mainmetropole, die für viele Vogelsberger wohl der berühmte Tropfen waren, der das Fass zum Überlaufen bringt. Frankfurt, so hieß es in den Meldungen, fordere seine Bevölkerung wegen der anhaltenden Hitze auf, die Bäume im Stadtgebiet zu wässern. Diese Sache würde natürlich keinen Vogelsberger interessieren, wenn seine Heimat nicht zig Millionen Liter Wasser gen Süden pumpen würde und der eigene Landrat keine Nachricht ausgesandt hätte, doch bitte wegen der Dürre Wasser zu sparen, die Entnahme von Oberflächenwasser gar unter Strafe stellte. Wie auch wieder in diesem Jahr.
Dass Frankfurt damals explizit darum bat, wenn möglich kein frisches Trinkwasser zum Gießen zu verwenden, sondern solches, mit dem man vorher beispielsweise Salat gewaschen hatte, diese Feinheit ging bei der Diskussion unter. „Die Frankfurter gießen mit unserem Wasser ihre Blumen und uns dreht man den Hahn zu“ war das, was bei vielen Oberhessen hängen blieb.
In diesem Jahr gibt es nun Meldungen, wonach der Wassermangel unserem ganzen Kontinent zu schaffen macht. „In Europa wird das Wasser knapp“ titele die Süddeutsche Zeitung vor Kurzem und berichtete über den Wasseratlas einer US-Forschungseinrichtung, wonach es in weiten Teilen Europas und Deutschlands ein ungesundes Verhältnis zwischen gefördertem und sich nachbildendem Grundwasser gibt. In weiten Teilen fast tief rot auf der Karte: der Vogelsberg.
Dr. Hans-Otto Wack ist Ökologe und Mitglied der Schutzgemeinschaft Vogelsberg, die sich für einen schonenden Umgang mit unserem Grundwasser einsetzt. Im Interview mit OL erklärt er, warum solche Studien mit Vorsicht zu genießen sind – und warum es nur bedingt etwas mit Solidarität zu tun hat, wenn der Vogelsberg Wasser nach Frankfurt liefert.
Oberhessen-live: Herr Wack, ich würde Ihnen gerne zu Beginn etwas vorlesen. Einverstanden?
Dr. Hans-Otto Wack: Ja.
„In Frankfurt versorgt Mainova die Menschen zuverlässig mit Trinkwasser. Dieses entspringt sauberen Quellen, wird nachhaltig in der Region gefördert und ist von höchster Qualität. Für die Versorgung ist ein aufwendiges System aus lokaler Gewinnung, Aufbereitung, Qualitätskontrollen und Bereitstellung erforderlich.“ Das stammt aus einer Pressemitteilung des Frankfurter Wasserversorgers. Was geht Ihnen bei diesen Zeilen durch den Kopf?
Das stimmt nicht. Es wird im Moment versucht, die Fernwasserversorgung umzudeklarieren in eine regionale Versorgung, weil die Fernwasserversorgung nach § 50 des Wasserhaushaltsgesetzes nachrangig ist. Deswegen wird sogar versucht, einen Wassertransport über 100 Kilometer nach Frankfurt als regionale Versorgung zu bezeichnen. Das ist reiner Etikettenschwindel. Ortsnah heißt im Geiste des Gesetzes: Wer nah am Wasser dran ist und aufpassen muss, es nicht zu verschmutzen, der soll es auch trinken.
Und Frankfurt hat eben nicht auf das Wasser in seiner Region aufgepasst. Die Vorkommen im Stadtwald beispielsweise sind stark schadstoffbelastet. Auch das Wasser aus dem Ried muss hochgradig aufbereitet werden. Die sauberen Quellen, von denen in Ihrem Zitat die Rede ist, die liegen im wesentlichen in den Mittelgebirgen wie Spessart, der Burgwaldregion – und eben dem Vogelsberg. Das was die Mainova schreibt, ist eine Verdrehung von Fakten.
Wie viel Wasser fließt eigentlich aus dem Vogelsberg nach Frankfurt?
Bei der Diskussion muss man bedenken: Wenn wir von Wasservorkommen reden, ist nicht der politische Vogelsbergkreis gemeint, sondern die hydrogeologische Einheit Vogelsberg. Und zu der gehören auch noch etwa Wasserwerke im Main-Kinzig-Kreis. Etwa 33 Prozent des im Großraum Frankfurt verbrauchten Wassers stammt aus der Region Vogelsberg. Die Zahlen schwanken, aber durchschnittlich 23 bis 25 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr würde ich sagen fließen aus der Vogelsbergregion in das Rhein-Main-Gebiet. Wenn man sich diese Zahl etwas besser vorstellen möchte: Das sind in etwa 700.000 Tankwagen, wie sie auf der Straße herumfahren.
Insgesamt werden in der Vogelsbergregion durch die großen Wasserwerke gut 40 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr gefördert. Keisgrenzen sind bei Wasserfragen zwar irrelevant, weil das Wasser sich ja nicht daran hält – aber laut dem Regierungspräsidium Gießen werden 44 Prozent des im Vogelsbergkreis geförderten Wassers in andere Gebiete exportiert.
Nehmen wir mal das Beispiel Schotten, dort wird auch Wasser gefördert und gelangt nach Frankfurt. Bekommt Schotten etwas dafür?
Nein, Wasser ist ein Allgemeingut, es kennt keinen Besitzer. Das heißt aber nicht, dass jeder einfach überall so viel Wasser fördern darf, wie er mag. Gerade weil es uns allen gehört und wichtig für die Umwelt ist, braucht es bei Förderungen im großen Stil Genehmigungen. Zwar gibt es theoretisch die Möglichkeit von Schadensersatzklagen, doch einen Automatismus für Ausgleichszahlungen, wenn durch Wasserförderungen Dürreschäden entstehen, gibt es nicht. Noch nicht muss man vielleicht fairerweise sagen. Im Koalitionsvertrag steht drin, dass ein Ausgleichszahlungssystem geschaffen werden soll, der Vogelsberg ist darin explizit erwähnt. Die Konzepte werden gerade erarbeitet. Aber auch wenn Schotten derzeit leer ausgeht, verdient jemand an dem Wasser.
Wer denn?
Schotten versorgt die eigene Bevölkerung mit seinem Wasser. Da die Versorgung kommunal organisiert ist, muss die Gemeinde kostendeckend arbeiten und darf keine Gewinne erwirtschaften. Bis das Wasser der OVAG in Frankfurt ankommt, waren aber drei Unternehmen damit beschäftigt – die OVAG, die Hessenwasser und der Frankfurter Versorger Mainova. Diese Firmen gehören zwar Städten und Landkreisen in Hessen, da sie aber als GmbHs beziehungsweise AGs auftreten, dürfen sie anders als ein öffentlich-rechtlicher Wasserverband Geld verdienen. Die Unternehmen stellen sich gegenseitig die Weiterleitung des Wassers in Rechnung und machen so Geld. Der Wasserverband Kinzig ist der einzige Wasserversorger im Vogelsberg, der ebenfalls nach Frankfurt liefert, aber öffentlich-rechtlich organisiert ist – so wie es sein sollte, wenn man ein öffentlich-rechtliches Gut in der Daseinsvorsorge verwaltet.
Das heißt, an der OVAG ist beispielsweise der Vogelsbergkreis beteiligt, er bekommt durch die Gewinnausschüttung der Firma Geld, was irgendwie teilweise durch Kreisinvestitionen vielleicht auch in Schotten ankommt. Aber direkt bekommt die Gemeinde für das Wasser, was bei ihr abgezapft wird, stand jetzt nichts?
Korrekt.
Die Frage nach dem Geld
Wissen Sie auch, wer von den verschiedenen Unternehmen und beteiligten Kommunen wie viel genau verdient?
Nein, das ist ja das große Geheimnis. Die Verträge will man uns nicht zeigen. Wir haben bislang immer nur danach gefragt – doch mittlerweile prüfen wir auch eine Offenlegungsklage.
Immerhin bleibt das Geld in kommunaler Hand, weil die Firmen wie Hessenwasser und OVAG den Städten gehören. Es ist kein Privatunternehmen wie Nestlé, was mit einem öffentlichen Gut Geld verdient.
Das Problem ist, dass überhaupt mit Wasser Gewinne erwirtschaftet werden. Die Geschäftspraktiken einer Hessenwasser GmbH unterscheiden sich überhaupt nicht mehr von denen einer Nestlé GmbH. Hier haben die Betriebswirtschaftler das Sagen. Frankfurt könnte enorm Wasser sparen, wenn es mehr Regen- oder Mainwasser einsetzen würde, um Klos zu betreiben oder Pflanzen zu gießen, wie es vor dem Zweiten Weltkrieg in der Stadt schon war. In Wohngebäuden müssten 50 Prozent des verbrauchten Wassers kein Trinkwasser sein, in Bürogebäuden sind es sogar 80 Prozent.
Die Landesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, solche Einrichtungen zu fördern. Frankfurt verweist auf die hohen Kosten eines zweiten Leitungssystems, wenn man beispielsweise vorhätte, Häuser mit Mainwasser zu versorgen.
Die Sache ist: Bei einem solchen System, das keineswegs teuer sein muss, würden die stadteigenen Firmen weniger Trinkwasser verkaufen. Das ist das Problem. Unternehmen wie Mainova arbeiten zudem immer wieder mit dem Begriff „unwirtschaftlich“. Deswegen werden wichtige Wasserwerke stillgelegt und Investitionen vermieden, wenn sich damit nicht absehbar Geld verdienen lässt. Dieses Phänomen gibt es so nicht, wenn ein kommunales Unternehmen einerseits alle Kosten über Gebühren umlegen kann und andererseits nur kostendeckend arbeiten darf.
Um nochmal auf das Wassersparen zurückzukommen: Sie sagen, alle privatrechtlichen Wasserversorger würden so wie in Frankfurt Sturm dagegen laufen, Regenwasser für die Toilette oder zum Wäschewaschen zu nehmen. Die OVAG sagt jedoch, die Menschen müssten mehr Wasser sparen und die Kommunen sollten dazu öfter aufrufen. Nur mit dem Finger auf die Förderer zu zeigen, hält das Unternehmen für unfair.
Ja, das ist durchaus richtig, weil auch bei der OVAG wird dazu gelernt – nicht zuletzt aufgrund des Drucks, den wir seit 30 Jahren machen. Zumal die Firmen als Auflage von den Regierungspräsidien haben, mit dem geförderten Grundwasser sparsam umzugehen. Wenn sich die OVAG zum Thema Wassersparen gar nicht äußern würde, müssten sie eigentlich die Genehmigung für die Förderung entzogen bekommen.
Frankfurt beteuert, am Wassermangel im Vogelsberg nicht schuld zu sein und soviel wie möglich selbst zu fördern – räumt aber ein, dass die Stadt sich niemals allein versorgen können wird. Muss man da nicht solidarisch sein, wenn der Vogelsberg mehr von der Ressource hat als die Großstadt?
Das ist genau der springende Punkt: Der Vogelsberg hat nicht mehr Wasser als Frankfurt. Frankfurt ist ein sehr wasserreiches Gebiet – nur die nutzen ihr Wasser nicht. Solidarität? Na klar, auf jeden Fall. Aber wenn jemand, der viel Wasser hat, sagt, er habe keins und sich einfach aus Kostengründen aus dem Umland versorgt – dann würde ich das nicht solidarisch, sondern äußerst egoistisch nennen. Es gibt da sogar den Begriff des Urbanen Imperialismus. Das ist wie in den Kolonialzeiten ein bisschen. Klar müssen wir Frankfurt helfen – aber nur nachdem die Stadt wirklich alles getan hat, ihre eigenen Reserven auszuschöpfen. Erst dann hat die Kommune überhaupt ein Recht auf Fernwasser.
In Frankfurt kostet das Trinkwasser 1,92 Euro pro Kubikmeter, in Alsfeld sind es 2,03. Ist es verständlich, wenn die Vogelsberger wütend auf Frankfurt sind und nicht verstehen, warum das Wasser in einer Stadt, die es importieren muss, günstiger ist als direkt an der Quelle?
Ja, natürlich ist das verständlich. Obendrauf gibt es in Frankfurt ein Staffelsystem. Je mehr verbraucht wird, desto billiger wird es für Großverbraucher. Das ist ja auch eine Sache, die die Menschen hier zornig macht, weil sie sagen, es müsste genau umgekehrt sein: Je mehr Wasser Frankfurt aus dem Vogelsberg importiert, desto teurer müsste es dort vor Ort werden. Man muss aber dazu sagen: In Frankfurt hängen an einem Kilometer Leitung wesentlich mehr Verbraucher als bei uns, auch durch die Hochhäuser. Da wird der Betrieb natürlich wirtschaftlicher. Das sollte man schon mit beachten in der Diskussion.
Vogelsberger Wasser fließt schon lange nach Frankfurt
Ulrich Roth, Professor für Wasserwirtschaft an der University of Applied Sciences in Frankfurt, hat der Hessenschau gesagt, man könne natürlich jedes Wasser aufbereiten. Dabei hat er aber auch vor einer Versechzigfachung von 0,3 auf 20 Cent und mehr pro Liter gewarnt, die damit verbunden sein könnte. Was halten Sie davon?
Entschuldigung, aber das ist albern. Das ist aus der Luft gegriffen, um Angst zu verbreiten. Es gibt durchaus viele Möglichkeiten heute, verdrecktes Wasser zu Trinkwasser aufzubereiten. Dreiviertel des Ruhrgebiets wird mit aufbereitetem Wasser versorgt – und da ist das Wasser auch nicht so teuer.
Wann hat das mit dem Wasserexport nach Frankfurt eigentlich angefangen?
Die ersten großen Wasserwerke wurden vor dem Ersten Weltkrieg hochgefahren. Da gab es auch Proteste in Oberhessen. Allerdings wurde damals mittels dem Vorgänger der OVAG ein Ausgleichs-Deal gemacht: Frankfurt bekommt das Wasser und hilft dafür im Vogelsberg mit, das Stromnetz aufzubauen. Später In den 70ern wurde teilweise mehr exportiert als heute. Damals gab es sogar Pläne, die Mengen zu verdreifachen. Da war von 120 Millionen Kubikmetern pro Jahr die Rede. Der Protest, auch der Schutzgemeinschaft, hat das mit verhindert. Neu ist das Thema also keineswegs.
Das heißt aber auch, was früher relativ gut funktionierte, wird nun zum Problem. Dank des Klimawandels vermutlich?
Genau. Das Grundwasser bildet sich nicht mehr so schnell nach. Wenn es stark regnet, so wie es nun häufig vorkommt, hat das viele Wasser keine Zeit, in den Boden zu sickern. Wenn es im Hohen Vogelsberg nicht übers Jahr verteilt leicht regnet oder der Schnee ausbleibt, fehlt dieses Wasser ein bis zehn Jahre später in den Brunnen von Nidda und Schotten.
Sie haben sich den oben beschriebenen Wasseratlas der US-Forscher für uns angesehen. Demnach herrscht im östlichen Vogelsberg und weiten Teilen Mitteldeutschlands ein extrem ungutes Verhältnis zwischen Grundwasserentnahme und -Nachbildung. In Kirtorf und weiter westlich ist hingegen alles tadellos. Wie kann das sein?
Solche Daten sind wie so oft mit Vorsicht zu genießen. So trennscharf, wie dort abgebildet, lässt sich die Situation im Boden nicht darstellen. Ulrichstein zum Beispiel ist ein grünes Gebiet auf der Karte, dabei fallen dort die Brunnen trocken. Ich denke, die Grundlage dieser Statistik sind unter anderem die Niederschlagskarten – und die haben mit dem Grundwasserspiegel nur bedingt etwas zu tun. Die Kernaussage ist aber richtig. In Deutschland wie dem Rest Europas merken wir nun auch, dass Wasser ein knappes Gut ist. Im Vogelsberg sind 40 bis 70 Prozent der Quellen bereits versiegt. Der Angabe ist etwas unscharf, aber genauere Werte haben wir nicht.
Wenn es in weiten Teilen Deutschlands auch Probleme gibt, stellt sich aber schon die Frage, ob wirklich Frankfurt allein Schuld an der Wasserknappheit im Vogelsberg ist.
Frankfurt ist bestimmt nicht der einzige Faktor für die Situation bei uns – aber ein wichtiger. Die großen Wasserwerke, die für diese Region bei uns fördern sind das Problem, nicht unser eigener Verbrauch. Genaue Zahlen für die verschiedenen Faktoren müsste man jedoch erst zusammentragen. Auch wenn die großen Werke in Gießener Territorium stehen, fördern sie dennoch Wasser, das aus dem Vogelsberg dort hingeflossen ist. Interessant bei der ganzen Sache ist, wie sich die Wasserverteilung ändern könnte.
Das müssen Sie erklären.
Durch den weniger werdenden Schnee und mehr Oberflächenabflüsse wird sich die Wasserneubildung in Mittelgebirgen wie dem Vogelsberg eher verringern. Durch die zunehmende Verdunstung über den Meeren werden sich jedoch die Wolkenbildung und damit auch die Niederschlagsmenge im Rhein-Main-Gebiet erhöhen. Darauf deuten mehrere Untersuchungen hin. Aber wir wissen noch relativ wenig. Das muss man als Naturwissenschaftler einfach mal zugeben können. Der Permafrostboden in Kanada ist heute schon so stark getaut, wie es der Weltklimabericht eigentlich für das Jahr 2090 vorausgesagt hatte. So viel zur Genauigkeit von Prognosen.
Auf einer Skala von 1 super bis 10 katastrophal – wie steht es heute um das Vogelsberger Wasser?
Die Wasserversorgung zurzeit ist gesichert, auf jeden Fall. Also, für den Menschen. Da gibt es einiges an Reserve. Die Wasserversorgung des Naturraums, die ja in Konkurrenz zu der des Menschen steht, fährt dafür vor die Wand. Insgesamt würde ich uns auf der Skala im Vogelsberg für die Grundwasserneubildung auf jeden Fall jenseits der 5 sehen.
Wie die Natur unter Wassermangel leidet
Wie verändert sich die Natur konkret, wenn Grundwasserstände sinken?
Zum einen trocknen Moore und Feuchtgebiete aus, in diesen Räumen leben so viele verschiedene Tiere und Pflanzen wie sonst nirgends. Wenn nach einem Waldbrand an einem Hang dort nichts mehr lebt, dann sind es die Moore, von denen sich das Leben wieder ausbreitet. Fallen die Moore weg, gibt es diesen Rückzugsort nicht mehr. Dazu verändern sich unsere Wälder, Fichten und auch Buchen haben schon jetzt Probleme, zu überleben. Und auch die Landwirtschaft wird sich verändern. Deutsche Bauern könnten soviel wässern müssen, wie spanische Bauern heute – die Konkurrenz von Landwirtschaft und Haushalten um das Trinkwasser würde noch schärfer.
Hessenwasser sagt dem HR zufolge, die Wasserförderung habe zwar vor 30 Jahren Naturschäden verursacht, heute sei das allerdings dank entsprechender Gesetze anders.
Es wäre schön, wenn es so wäre. Da ist der Wunsch Vater des Gedanken. Natürlich haben wir in einzelnen Bereichen wie Schotten Gebiete, in denen es Grenzgrundwasserstände gibt, die nicht unterschritten werden dürfen. Doch die Grenzwerte stammen aus einer Zeit, in der es noch Nassjahre gab – also Jahre, in denen es verhältnismäßig viel übers ganze Jahr verteilt geregnet und geschneit hat. Diese Jahre gibt es seit 2000 hier aber nicht mehr.
In 13 Bundesländern kostet es Geld, wenn man Grundwasser nutzt. Hessen hat den sogenannten Wasserpfennig unter Roland Koch 2003 abgeschafft, um Unternehmen und Bürger zu entlasten. Die aktuelle Regierung plant die Wiedereinführung, wenn auch unter anderem Namen. Ist das eine gute Sache?
Eine sehr gute sogar. Dann würden die Menschen vielleicht umsichtiger mit Wasser umgehen.
Die Jugendlichen von „Fridays for future“ werden professioneller und denken nicht daran, mit ihren Protesten aufzuhören. Derweil geht der Klimawandel weiter. Wenn Sie zehn Jahre in die Zukunft schauen – ist Ihr sprichwörtliches Glas dann halb leer oder halb voll, wenn Sie an die Wassersituation im Vogelsberg denken?
Ich denke, innerhalb der nächsten zehn Jahre wird sich vieles zum Positiven ändern, weil uns gar nichts anderes übrig bleibt. Die Wasserversorger leben vom Grundwasser und die werden den Teufel tun, sich selbst die Beine wegzuschlagen. Wenn wir uns weiter durchsetzen, denke ich nicht, dass es zu einem Raubbau kommen wird. Ich setze dabei sehr viel Hoffnung in die Vogelsberger Bevölkerung und die Vogelsberger Politik, die sich mittlerweile sehr klar und deutlich für den Grundwasserschutz stark macht. Auch in Wiesbaden scheint unsere Message angekommen zu sein. Die Politik hat eine Art Masterplan entwickelt, wie das Rhein-Main-Gebiet nachhaltig mit Wasser versorgt werden kann, ohne dem Vogelsberg zu schaden. Wenn das so umgesetzt wird, ist das ein echter Meilenstein. Ich glaube also, dass wir in eine Zeit hineinkommen, in der die Grundwasserressourcen gerade hier in den Mittelgebirgen schonender bewirtschaftet werden.
Lieber Vogelsberger,
ich möchte euch doch bitten, euch anständig zu benehmen. Bitte erlaubt überall Windräder, verschandelt eure Wiesen und Wälder und pflastert die Weiden mit chinesischen Billig-Solaranlagen zu. Bitte exportiert dazu noch euer Wasser in 90 km entfernt liegende Städte. Bitte auch billig, der Großstädter duscht gerne lange und stinkt nicht.
Denn nur dann können die Großstädter ganz fortschrittlich grün wählen und mit dem Finger auf die bösen, hinterwädlerischen Regionen zeigen, wo grün noch nicht die Mehrheit hat.
Vielen Dank!
Eure Thetha Grunberg
Wolfgang Dennhöfer
Super Interview, gut gefragt und brillant geantwortet !
Hütchen !
Verkaufe hier meine Original Greta-Trophäe, äh FfF-Attrappe gegen Höchstgebot oder tausche gegen ein entsprechendes Modell „Feuerwehr“ mit getrenntem Trink- und Brauchwasser-Zu- bzw. Ablauf (https://encrypted-tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcSlUmG9xbs_Elvk1aAQC-yAL8nQvUEf8zBOac1VGj7NRPgQw2e-). Immer Fridays stehe ich damit for the Future am Alsfelder Pranger und prangere den Frankfurter Wasserraub an. Ne Segeltour nach New York mit reichlich Followern ist auch schon geplant (Symbolfoto: https://www.welt.de/img/politik/ausland/mobile199475416/5571627737-ci23x11-w1136/Youth-Climate-Activists-Protest-Outside-United-Nations.jpg).
Leider ist die Gesellschaft doch komplett verlogen: da leben und arbeiten die Menschen im Wohlstand in den Großstädten, klatschen aber ihre Windräder aufs Land und beziehen auch das Wasser von dort. Aber dann Hauptsache schön grün wählen in den Städten. Lächerlich!
So spricht das Orakel von Dirlammen:
Unsere Gesellschaft ist voller Widersprüche. Und glaubt man den linken Philosophen, geht ja der Kapitalismus an eben diesen Widersprüchen zu Grunde. Fragt sich nur wann und welcher Wahnsinn bis dahin noch über die Menschheit hereinbrechen wird. Chaos und Auflösung, gesellschaftliche Krisen mit viel „Unordnung“, die die Faschisten (die AfD wird sich noch entsprechend „mausern“) als vermeintliche Ordnungsmacht dann mit übelsten Methoden der Repression scheinbar wieder herstellen, bis auch da wieder der Druck den Kessel zur Explosion bringt und Bürgerkrieg oder internationale Konflikte keinen Stein mehr auf dem anderen lassen.
Ja, der städtische Grünwähler lädt sein E-Mobil gern mit Vogelsberger Windstrom auf und gönnt sich dazu ein Gläschen billiges Vogelsberger Grundwasser. Lecker, lecker. Aber nicht, weil er ein so verlogener Mensch ist, sondern weil andere Menschen ihm dieses Angebot machen, die ganz bestimmt keine Grünwähler sind.
Zitat: „Ja, der städtische Grünwähler lädt sein E-Mobil gern mit Vogelsberger Windstrom auf “
Ist schon wieder Karneval? Nichtmal in Ulrichstein werden die E-Mobile an der Ladestation mit Windstrom versorgt. Dort gibt es einen Strommix wie überall.
Wie sollten auch Windmühlen zu einer Stromversorgung fähig sein, wenn sie bei jeder kleinen Flaute (ja auch im Vogelsberg) still stehen?
@ Hermann Dirr
Ja, dann hat der ländliche SPD-Landrat eben wieder mal gelogen als er behauptete, die seinerzeit für fast eine halbe Million Euro geleasten drei E-Mobile, mit denen ein paar Auserwählte auf Steuerzahlerkosten einige Monate um die Häuser fahren durften (https://osthessen-news.de/n11498234/nutzungsvertr%C3%A4ge-unterzeichnet-im-januar-startet-modellvorhaben.html), dienten u.a. dazu, ein Konzept zu entwickeln, den „regional produzierten Strom auch regional verbrauchen“.
Lügen haben kurze Beine
Darum merke dir das eine:
Spricht der Landrat, musst du schweigen.
Doch lass dir seine Beine zeigen.
Die Probleme dieser Gesellschaft sind ja nicht von abzockenden Grünen gemacht. Die Grünen versuchen nur, für die hemmungslose Ressourcen-Ausbeutung und bedenkenlose Umweltzerstörung Lösungen zu entwickeln. Dass sie dabei nicht immer eine glückliche Hand hatten und haben – wer wollte das bestreiten! Hauptfehler: „Grüne FDP“, d.h. der Markt (= der Preis für Kraftstoff, Strom, Emissionen usw.) soll es richten bzw. durch üppige Subventionen soll(t)en Investitionsanreize geschaffen werden. Folge: Absolute soziale Schieflage der gesamten Umweltpolitik. Die kleinen Leute können ihre Stromrechnungen nicht mehr bezahlen, die Grundbesitzer freuen sich über hohe Pachten und Einspeisevergütungen. Natur- und Landschaftsschutz werden zweitrangig (siehe Industrialisierung der Landschaft, „Aufforstung“ von Waldgebieten durch WKAs, gesundheitliche Belastungen durch Windradmonster in der Nähe von Wohngebieten). Zum Thema Tierwohl werden nicht gehört: Rotmilan, Schwarzstorch und Fledermaus. Am Ende rapide sinkende Akzeptanz und Stillstand der Energiewende.
Hauptproblem: Umweltpolitik unter kapitalistischen Bedingungen! Nicht das, was gut ist, setzt sich durch, sondern das, was schnellen Profit bringt.
Leider auch wahr: Die Dummen laufen nicht nur zur Afd und leugnen dort Holocaust und Klimawandel. Sie sitzen auch bei den Grünen und greifen da in komplizierte Prozesse ein, ohne die Folgen abschätzen zu können. Bestes Beispiel: Umweltverschmutzung durch Elektro-Tretroller für Erwachsene. Kindischger Schwachsinn!
Informativer, ausführlicher Beitrag, der der Bedeutung des Themas gerecht wird. Da bleibt am Ende nur Galgenhumor. Immerhin zeigt das obere Foto, dass es ein probates Mittel gegen den Wasser-Kolonialismus der Metropolregionen gäbe. „Abgehängtwerden“ ist keine Einbahnstraße. Warum hängen wir nicht mal Rhein-Main ab von den sprudelnden (Geld-)Quellen des Vogelsbergs.
Aber wie immer ist das Glas für die einen halb leer und für die anderen halb voll. Holzheizungen sollen jetzt noch wirtschaftlicher werden. Kettensägen gehen weg wie geschnitten Brett. Prognostisch ungünstig dagegen weiterhin: Brennholzverleih.
Ohne Regen wird es eng mit dem Grundwasser. Zudem dauert es Jahre bis das Regenwasser durch die unterschiedlichen Erdschichten zum Grundwasser durchgesickert ist. Grundwasserneubildung findet momentan nicht statt. Das ist das größte Problem!
Drittwärmster Sommer seit 1881!
1. In 2003
2. In 2018
3. In 2019!
Wer jetzt mit offenen Augen durch den Wald geht, der sieht schon was da passiert.
Erst verdurstet der Wald und dann verdurstet der Mensch?
Im Frühjahr 2020 werden wir einen gestorbenen Wald sehen!!!!
Da wird das eigentliche Problem der abgestorbenen Bäumen erst sichtbar.
Fast alle Baumarten sind betroffen!
Auch meine Obstbäume im Garten kämpfen um ihr Überleben.
Ohne Regen im Vogelsberg wird es für uns alle eng.