Richtfest für den Neubau des Wohnprojekts Arnshain GmbH – Bürgermeister Andreas Fey lobt innovativen Geist – Erweiterung schon geplantWohnraum für jetzt zehn Menschen
ARNSHAIN (ol). „Die Feierstunde hat geschlagen, es ruhet die geübte Hand. Nach harten, arbeitsreichen Tagen grüßt stolz der Richtbaum nun ins Land“ – mit diesen Worten begingen Zimmermann Timo Eheim, seine Kollegen von Hartmann Holzbau und die Bauherren und Gäste des Wohnprojekts Arnshain in der Alten Kelterei in Arnshain am vergangenen Freitagnachmittag das Richtfest für den Neubau des Projekts.
Im strömenden Regen stand er auf dem frisch aufgestellten Dach des ersten Bauabschnitts, in den Ende des Jahres zwei Mietparteien einziehen werden. Auch der Umbau des sogenannten „Bluna-Schuppens“ auf dem Gelände der Alten Kelterei soll bis dahin bezugsfertig sein. Alle zukünftigen Mieter sowie die Initiatoren des Wohnprojekts waren anwesend, darüber hinaus Ortsvorsteher Dieter Wössner und Bürgermeister Andreas Fey.
Der Feierlaune aller Beteiligten tat das Regenwetter keinerlei Abbruch, im Gegenteil: „Es ist gut für den Garten, und viel wichtiger ist doch, dass die Zimmerleute die ganze Woche bei schönem Wetter arbeiten konnten“, strahlte Liane Kohn vom Wohnprojekt, die es sich nach den gegenseitigen Glückwünschen im Namen aller Bewohner bei allen Menschen bedankte, die für Planung und Ausführung verantwortlich waren, insbesondere bei den Zimmerleuten, die stets geduldig und flexibel auf die Wünsche der zukünftigen Bewohner eingegangen waren und „eine tolle, ganz wunderbare Arbeit abgeliefert“ haben.
Bei Claudia Milbrecht-Geißler und Karlheinz Geißler vom Architekturbüro und bei Robert Michel, der dem Förderverein des Wohnprojekts als Finanzberater zur Seite steht. „Es ist unser aller Projekt“ rief Kohn mit Blick auf ihre derzeitigen und zukünftigen Mitbewohner aus, die sich ebenso wie Kohn begeistert von dem Baufortschritt und der gelungenen Umsetzung ihrer Planungen zeigten.
Fey: „Wir brauchen Innovation in und um Kirtorf“
Bürgermeister Andreas Fey lobte die Initiatorin des Wohnprojekts für deren innovative Kraft und die Vorreiterrolle, die sie für diese Wohnform in Arnshain einnehme. „Wir brauchen Innovation in und um Kirtorf“, sagte Fey, der mit Blick auf den Bürgerbus sagte, dass auch Arnshain von diesem neuen Konzept profitiere.
Und Arnshain profitiert von dem Wohnprojekt: Menschen aus der näheren Region, aber auch aus anderen Teilen der Republik lassen sich nun hier nieder. Die ersten beiden neuen Bewohner leben bereits seit geraumer Zeit in Arnshain. Sie haben dort mit Liane und Wolfgang Kohn eine Wohngemeinschaft gegründet.
In den vier nun entstehenden Wohnungen werden im Herbst zwei Paare und zwei Einzelpersonen einziehen. Alle sechs hatten sie Mitspracherecht bei der Gestaltung ihrer Wohnungen, wie Architekt Karlheinz Geißler während eines Rundgangs über das Gelände berichtete.
Zum Konzept erläuterte er die Anordnung der Gebäude, die rund um einen Hof mit Teich angeordnet sind und in den hinteren Bereichen Zugang zu dem schönen Garten der Alten Kelterei haben. Drei der vier entstandenen Wohnungen sind weitgehend barrierefrei und ebenerdig, mit breiten Türen. Sowohl die Eingangsbereiche als auch die Zugänge zum Garten sind überdacht.
Neubau passt sich dem Hauptgebäude an
Vom äußeren Erscheinungsbild her passt sich der Neubau dem Hauptgebäude und auch dem Fachwerk des „Bluna-Schuppens“ an. Ein eigener Anbau beherbergt Haustechnik, Elektrik und Wärmepumpe – über eine Nahwärmeleitung werden die Heizungen versorgt. „Es ist uns wichtig, so verantwortungsbewusst wie möglich zu bauen“, erläutert Liane Kohn, „dafür haben wir an anderer Stelle auf einigen Schnörkel verzichtet“. So steht das neue Gebäude unprätentiös auf dem Areal und fügt sich damit sehr gut in das Gesamtensemble ein.
Noch ist das Areal der Alten Kelterei geprägt von den umfangreichen Baumaßnahmen. Doch hinter dem Neubau ist der Garten schon bepflanzt, es ist eine neue Sitzecke entstanden, und vorne im Hof stehen noch Gräser, die auf den noch zu errichtenden Teich warten. Auch wenn sich das Aussehen der Alten Kelterei mit dem Neubau nun ändert, darf man sicher sein, dass es den Menschen hier gelingen wird, es wieder genauso so schön und einladend zu machen, wie man es kennt.
Aus diesem Grund ist auch der traditionelle Kunst- und Handwerkermarkt wieder fest eingeplant: Er findet am 30. Juni statt und schon heute kann man sich diesen Termin in Arnshain merken.
Sehr erfreulich, dass die Gemeinde Kirtorf die Bedeutung solcher Wohnprojekte offensichtlich erkannt hat. Denn es geht nicht nur um „Innovation in und um Kirtorf“, sondern um ein Wohnkonzept, das drängende Probleme der Region, ja der gesamten Gesellschaft, in mehrfacher Hinsicht aufnimmt:
– Beseitigung von Leerständen in den Dörfern durch Ausbau größerer Ensembles für eine gemeinschaftliche Wohnnutzung;
– Mehrgenerationen-Wohnen als Antwort auf die demografische Entwicklung und den drohenden Pflegenotstand;
– Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und Realisierung alternativer Wohn- und Lebenskonzepte auch für „Mieter“ (Menschen mit geringem Einkommen);
– Eindämmung der Wohnkosten durch „billiges Bauen“ (billiges Bauland, Holzbau, Modulbau).
Es liegt doch auf der Hand, dass hier ein Konzept entwickelt wurde, ohne das die auf uns zu kommenden sozialen Kosten gar nicht aufgefangen werden können und das wirklich Hand und Fuß hat. Leider lässt die Unterstützung solcher Initiativen durch Bund, Land, Kommunen usw. noch sehr zu wünschen übrig. Das Rückgrad des Projekts „Alte Kelterei“ wie das von weiteren 128 Wohnprojekten in ganz Deutschland (Stand 2018) ist der Verein „Miethäuser Syndikat“ (https://www.syndikat.org/de/), laut Wikipedia „eine in Deutschland singuläre, kooperativ und nicht-kommerziell organisierte Beteiligungsgesellschaft zum gemeinschaftlichen Erwerb von Häusern, die selbstorganisiert in Gemeineigentum überführt werden, um langfristig bezahlbare Wohnungen und Raum für Initiativen zu schaffen.“ Finanziert wird der Verein ausschließlich von Privatleuten, die eine Einlage von mindestens 250 Euro (nachrangiges Darlehen ohne Verzinsung) leisten, um die Idee des selbst organisierten Wohnens und solidarischen Wirtschaftens zu fördern. Wer einen solchen Betrag in eine Beteiligung investiert, bringt sich nicht nur tatkräftig in ein Zukunftsprojekt ein, sondern schafft u.U. damit die Umgebung, in der er selbst zu bezahlbaren Konditionen mit seiner Familie oder mit einer kleinen Rente im Alter leben kann.