18

KOMMENTAR zur Ermittlungen wegen rechter PolizistenWeder Kirtorf noch die Polizei sind ein reiner Nazi-Pfuhl

MeinungMEINUNG| Die Polizei sucht hessenweit nach Neonazis in den eigenen Reihen – und stößt dabei ausgerechnet auf mindestens zwei Kollegen aus der Gemarkung Kirtorf. „War doch klar“, sagen da manche. Polizisten sind eh alle rechts – und Kirtorf seit jeher ein braunes Nest. Doch so einfach ist das nicht. Differenzierung ist an dieser Stelle ganz wichtig – was jedoch nicht zur Verharmlosung führen darf, kommentiert OL-Chef Juri Auel. 

Oha, da hatte die Redaktion von Oberhessen-live mit voller Wucht in ein Wespennest gestochen, ohne böse Absicht. Die Rede ist von der Nachberichterstattung über die Landtagswahl. Dort hieß es in einem Artikel bei OL, dass die AfD in Kirtorf lediglich auf den dritten Platz gekommen sei. Ausgerechnet in der Stadt, die im Vogelsberg als „Hochburg der Rechten“ gelte. Das gefiel einigen Kirtorfern gar nicht. Dieses Image ihrer Stadt sei überholt, kommentierten sie aufgebracht unter dem Text. Alleine es zu wiederholen und damit zu reproduzieren sei schädlich. Netzwerke wie das „Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus“ hätten Kirtorf mittlerweile verändert und viel bewirkt.

Und dennoch, das Bild vieler Vogelsberger von der Ortschaft ist das selbe geblieben. „Kirtorf. Wen wundert’s“, kommentierte ein Nutzer unter dem Artikel, in dem OL heute berichtete, dass mindestes zwei Polizisten aus dem Kirtorfer Stadtgebiet unter Rechtsextremismus-Verdacht stehen. Genau wie die Bemerkung in dem OL-Wahltext, deprimiert dieser Kommentar diejenigen Kirtorfer, die zurecht sagen, dass ihre Stadt sich verändert hat. Das Kirtorf von heute ist ein anderes als noch vor 20 Jahren. Auch wenn – und das sei der Vollständigkeit halber erwähnt – die NPD Hessen sich erst im Mai mit nach eigenen Angaben etwa 20 Anhängern Kirtorf als Ausweichort für eine Versammlung ausgesucht hat, nachdem Wetzlar die Partei nicht in die Stadthalle gelassen hatte.

Aber schon in einem Report des DGB-Mittelhessen aus dem Jahr 2008 heißt es, dass Kirtorf , das oft „Hessens braune Mitte“ genannt werde, sich auch aufgrund des zivilgesellschaftlichen Engagements zahlreicher Akteure verändert habe. In den frühen 2000ern gab es dort Gruppen wie die Kameradschaft „Berserker Kirtorf“, die gar vom Verfassungsschutz überwacht wurden.

Auch jetzt, das zeigen die aktuellen Ermittlungen, gibt es noch rechtsgerichtetes Gedankengut in Kirtorf. Doch deswegen darf man den Fortschritt, den die Stadt hinter sich gebracht hat, nicht unbedacht lassen. Es gibt Nazis in Kirtorf, aber nicht alle Kirtorfer sind Nazis.

Dass es weniger linke Polizisten gibt, ist logisch

Ähnlich ist das Ganze bei der Polizei. Rechte Tendenzen unter den Beamten seien kein Einzelfall, aber auch kein Muster, sagen Kriminologen wie Rafael Behr. Die Ordnungsvorstellungen von Menschen, die sich dazu entschieden, Polizist zu werden, gingen „in rechten Mustern eher auf als in linken“, sagt Behr. Deswegen gebe es weniger linke Polizisten als wertkonservative, die auf einen starken Staat setzten und somit anfälliger für rechtes Gedankengut seien. Auch eine Zuneigung zu Begriffen wie Stolz, Ehre und Kameradschaft, die bei der Polizei wichtig sind, findet man eher bei Rechten.

Heißt im Klartext: Es liegt in der Natur der Sache, dass bei der Polizei eher Leute arbeiten, die für ein „hartes Durchgreifen“ sind und durch ihre Denkmuster eher Gefahr laufen, aufs rechte Gleis zu geraten – was jedoch keinesfalls bedeutet, dass alle Polizisten Nazis sind. Wer so etwas sagt, der tut den meisten Polizistinnen und Polizisten in diesem Land, die hart arbeiten, Unrecht.

Auf der anderen Seite kann es einen nur fassungslos machen, wie die jetzigen Ermittlungen nach rechten Umtrieben in der Polizei im Netz und auf der Straße als Zeitverschwendung abgetan werden. Wer sich gegen Migranten äußere, gelte sofort als rechts, kommentiert zum Beispiel ein OL-Leser – und übersieht dabei, wegen was eigentlich ermittelt wird. So sollen in dem Chat, in dem ein Kirtorfer Polizist Mitglied war, „verfassungsfeindliche Symbole“ genutzt worden sein, was in dem Kontext im Enddefekt nur etwas in die Richtung Hakenkreuze oder SS-Runen bedeuten kann. Und wer solche Zeichen nutzt, der kritisiert nicht im Rahmen der Meinungsfreiheit eine liberale Migrationspolitik, der macht sich höchstens strafbar und zeigt, was für ein ewig Gestriger er ist.

Das Polizeipräsidium Osthessen in Fulda. Foto: jal

Auch der im Netz vorgetragene Entschuldigung, die Beamten seien von der aktuellen Politik enttäuscht und würden daher auf solch radikale Weise ihrem Ärger freien Lauf lassen und Klartext reden, kann man nur mit Entsetzen entgegentreten. Mit der gleichen Argumentation dürfe ein Lehrer seine Schüler schlagen, bloß weil er von ihnen enttäuscht ist. Oder die Verkäuferin in die Kasse greifen, wenn der Chef ihr nicht die Gehaltserhöhung bewilligt.

Schon jeder Normalbürger, der zu rechtsradikalem Gedankengut tendiert, ist selbstverständlich einer zu viel. Bei betroffenen Beamten ist es jedoch doppelt schlimm. Sie sind Diener des Staates, die die Werte unserer Demokratie offen vorleben müssen und eine Vorbildfunktion haben. Denen, und nur denen, die das Tag für Tag trotz der widrigen Umstände, die der Job mit sich bringt, tun, gebührt unser größter Respekt.

In diesem Jahr ist der NSU-Prozess zu Ende gegangen. Ein Mammut-Verfahren, was gezeigt hat, wie Teile des Staates rechten Terror nicht nur ignoriert, sondern Jahre lang auch gefördert haben. Ein Drohfax, zu dem die Polizei in der jetzigen Affäre auch ermittelt, war unterschrieben mit der Formel „Gruss NSU 2.0“. Hoffen wir, dass es einer solchen Organisation niemals gelingen wird, wirklich wieder rechten Terror auf unseren Straßen zu verüben.

18 Gedanken zu “Weder Kirtorf noch die Polizei sind ein reiner Nazi-Pfuhl

  1. Und es geht doch nahtlos weiter… Heute riesen Polizeieinsatz in Kirtorf…Aber nee, wir haben ja kein Problem…

  2. Austragungsort von Nazikonzerten, die ‚Berserker‘, ein Gutteil an Sympathisanten und auf dem Grundriss der ehemaligen Synagoge ein Misthaufen (keine Übertreibung! Einfach googeln) die gegenwärtigen Umtriebe stehen in unschöner Tradition, das kann man nicht anders sagen…. Aber ich nehme an, dass alles nichts miteinander zu tun und eigentlich wollen die Kirtorfer nur spielen….

  3. Nazis haben in der Polizei nichts verloren, und sie sind sofort zu entlassen.Wo sie wohnen ist gleich , der Ort spielt keine Rolle.

  4. @Race X
    aus welchem (Alb)Traum(a) haben Sie denn noch nicht herausgefunden?
    Ihre Realität bedeutet mehrheitlich böse Polizisten gegen unschuldige Migranten.
    Dem ist nicht so, bitte aufwachen!

  5. Lieber Kasimir, ich habe selten im Netzt einen solchen Mist gelesen , wie sie hier wiedergeben . Sie haben anscheinend ein generelles Problem mit Kirtorf , etwa Neid wegen der stabilen Finanzen , oder der vielen Erfolge vergangener Zeiten im Tischtennis und Fußball. Aber woher ihr Frust kommt ist mir Wurst , beantworten sie mir nur eine Frage wie kann Kirtorf als angeblich so rechtes Nest einen neuen BGM wählen , welcher sich schwer im Bündnis gegen Rechts engagiert ??? Naja Hauptsache erstmal Fresse aufreisen , aber wie heist es so schön : wenn man keine Ahnung hat einfach mal die …… halten. In diesem Sinne Glück auf Kirtorf

  6. Dass Polizisten von der Einstellung her, eher rechtsorientiert eingestuft werden, halte ich für eine gefährliche Interpretation des Berufsbildes. In den Chats kursieren jede Menge “rechte“ Symbolbilder, es bleibt dabei nicht aus, selbst vielleicht in den Erhalt eines solchen zu gelangen, doch sagt das aus, dass ich “rechts“ bin?
    Der Rechtspopulismus- machen wir uns nichts vor- hat seit 2015 massiv zugenommen. Dass unter unserer Migrationspolitik, inbesondere diese Berufsgruppe zu leiden hat, die sich im Namen von Recht und Ordnung, doch einiges an Attacken gefallen lassen muss, die widerlichster Art sind, jedoch im Sinne des Gesetzes, keine tätliche Gegenwehr rechtfertigen.
    Dass dann ggf (noch sind die Ermittlungen nicht abgeschlossen) ein Umdenken von manchem Polizisten entsteht, ist nicht zu entschuldigen, aber vielleicht erklärend. Und um es mit den gebräuchlichen Formulierungen zu unterstreichen, eher noch der “Einzelfall“ den man nicht instrumentalisieren und pauschalisieren sollte.

  7. Danke Heinz! Endlich jemand, der hier gut kommentieren kann. Für viele Mitmenschen kann ich mich leider nur schämen. Besinnliche Weihnachten & Nächstenliebe an alle

  8. Natürlich sind nicht alle Kirtorfer Nazis, dennoch muss man sich die Frage gefallen lassen: „Warum immer wieder hier?“
    2004 war ja nicht der Anfang der Dinge, da würden sie nur recht prominent aufgedeckt!

  9. @KASIMIR
    was schreibst du bitte für ein Bullshit. Wenn man keine Ahnung hat….. und deine Rechtschreibung lässt auch sehr zu wünschen übrig. Ohne Worte dein sinnloser Kommentar.

  10. ,,Die Ordnungsvorstellungen von Menschen, die sich dazu entschieden, Polizist zu werden, gingen „in rechten Mustern eher auf als in linken“, sagt Behr.“
    Diskriminierung eines großen Teils der Polizisten/innen? Ich meine ja.
    Auch entnehme ich dem Beitrag von Herrn Auel, dass Polizisten in öffentlichen Äußerungen, auch als Privatperson und im Rahmen des Gesetzes, lieber die Klappe halten sollen. So lese ich es ,,zwischen den Zeilen“.
    Wer sich für ein objektiveres Bild der Polizei interessiert, kann dem Vorsitzenden der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, auf Facebook folgen.

  11. Ich finde es bizzar das rechte Menschen insbesondere Polizisten, die ja angeblich für den Staat sind, in erster Linie solche Ausländer als unerwünscht ansehen die vom Prinzip her wenig Gefahr für den Staat bringen z.B. Asylsuchende ect. Die größte potenzielle Gefahr sehen sie nicht oder wollen nicht sehen – ausländische bzw. amerikanische Truppen wo ein einziges GI kann vom Prinzip her, mit einem Maschinengewehr Zehntausende vernichten. Das politischen Einfluss durch faktische Okkupation will keiner sehen. Das Wort „Besatzung“ galt nur für Sowjets in Ost-Deutschland, ja. Aber politischer Einfluss besteht genau so mit den amerikanischen „Verbündeten“ die u.a. Bundeskanzlerin bei ihrem Toilettengang mit dem Handy überwachten… So gesehen bleibt doch nur Hohn und Spott übrig für die Polizisten die in rechten Kreisen hobbymäßig gegen Ausländer hetzen.

  12. Man darf nicht den Fehler machen und sagen, dass die Stadt Kirtorf oder die Polizei ein Gebiet von Rechtsradikalen ist, nur wenn eine Minderheit solche Tendenzen aufweist. Es gibt in jeder Stadt/Institution/ Verein etc. Menschen, die anders „ticken“.
    Anschuldigungen bringen da gar nichts.
    Beispiel: 10.000 Bayern Fans sind in Paris und 100 randalieren. Sind automatisch alle Bayern Fans dann Randalierer?

    Es wäre eher cleverer zu hinterfragen, wieso diese Menschen anders ticken und wie man die Probleme lösen kann. Hartes Durchgreifen gegen Rassisten und andere verfassungsfeindliche Menschen , sowie härteres Vorgehen gegen alle Straftäter (egal welche Nation) wäre ein erster Schritt.

    Da wir in einem Rechtsstaat leben, gilt immer erst die Unschuld. Wartet das Verfahren ab und begeht keinen Rufmord gegen die Polizisten. Polizisten erleben jeden Tag viele Dinge, die Unmut aufkommen lassen. Welcher Mensch hat nicht mal einen Fehler begangen und aus Zorn eine falsche Äußerung begangen?

    @Juri Auel

    Was soll die Stadt Kirtorf dagegen machen, dass sich eine offizielle Partei Kirtorf als Versammlungsort aussucht? Wir leben in einem Rechtsstaat. Das Gesetz macht es „leider Gottes“ auch für Parteien möglich, die unserem Land schaden, die Werte der Demokratie auszunutzen. Bis der Verfassungsschutz kein Parteienverbot der NPD durchbringt, ist es leider nicht möglich, solche Versammlungen zu unterbinden, ohne die Werte der Demokratie mit den Füßen zu treten. Kirtorf hat vor einigen Jahren einen Bürger gehabt, der dies ausgenutzt hat und so für diesen Ruf gesorgt hat. Aber die Kirtorfer Bürger haben sich mit ihrem Bürgerrechten gewehrt, an einen Strang gezogen und es somit geschafft, dies zu unterbinden.

    Das es auch heute noch Leute in Kirtorf oder in jeder anderen Stadt gibt, die unzufrieden sind mit der Politik und auf Bundesebene AFD wählen, ist ein Problem, dass die Politik lösen muss. Aber da ist die Ursache nicht kommunal zu suchen!

    Jeder Mensch sollte sich eher selbst hinterfragen, was er bereits in seinem Leben aktiv gegen Rassismus unternommen hat, bevor er eine ganze Stadt verleumdet. Frohe Weihnachten!

  13. Schon sau coole Kommentare, Kasimir.
    Vom Niveau her gab es nur einen bisher, der die Grenze von 0.0 nie überschritten hat: Julius. Bist du etwa Julius? Oder gibt es noch einen Menschen, der hier ohne jegliche
    Bildung Kommentare verfasst???

  14. Ist es wirklich fair, über Menschen aus Kirtorf zu urteilen, wenn man sie garnicht kennt? Oder alle über einen Kamm zu scheren? Der Kommentar ist gut geschrieben.

  15. Gerade wenn man Kirtorf und seine Bewohner garnicht kennt, finde ich es unnötig, alle über einen Kamm zu scheren. Oder dem Gerede der Leute zu glauben.

  16. „Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.“

  17. Sicher :)
    das Volk ist dumm nur der Juri ist der Oberschlaue..
    Kirtdorfs Ruf ist geschändet FÜR immer, genau wie ROSTOCK/MÖLLNS/SOLINGENS und viele anderen OSSI Nestern wie Chemnitz/Dresden.
    Ich kannte erhlich gesagt dieses braune Nest garnicht, erst vor paar Monaten hatte ich mit jemanden aus Lauterbach gesprochen und ihm gesagt das ich im Wald nähe Kirtdorf war, daraufhin sagte er zu mir „was machst du da im NAZI NEST “ da war ich erstmal BAFF, kurz gesagt jeder kennt dieses Nest im Vogelsbergkreis als NAZI NEST und da werden sie nie wieder los, schuld sind die die die Nazis da gedeihen lassen haben Jahrzehnte lang.
    Wehn wundert es da die neue NAZI Terror Organistaion NSU 2.0 aus diesem Loch rausgekrochen kommt ?!

Comments are closed.

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren