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Weltladen Alsfeld feiert 15-jähriges Bestehen mit Grupo Sal, ganz viel Licht und einer Bronzenen AnstecknadelMusik mit ganz viel Rhythmus, einer Message und jeder Menge Leidenschaft

BILLERTSHAUSEN (ol). Magisch angestrahlt stand sie auf ihrem Hügel und wies am Samstagabend Liebhabern lateinamerikanischer Musik den Weg zu einem einzigartigen Konzert und einer fröhlichen Feier, die kleine Billertshäuser Kirche. Mit Poesie, Gesang und Bildern aus Licht feierte der Weltladen Alsfeld gemeinsam mit Mitgliedern, Freunden, Wegbegleitern und interessierten Gästen sein 15-jähriges Jubiläum im Getürms.

In der Pressemitteilung des Alsfelder Weltladens heißt es, ein wahrhaft einzigartiger Ort voller Einfachheit und Intensität, wie Sänger Fernando Dias Costa von Grupo Sal es mit seiner unverwechselbarer warmen Stimme beschrieb. Eingetaucht in die Video- und Lichtprojektionen von Johannes und Stephan Keitel, schuf das kleine Kirchlein den perfekten Rahmen für dieses Konzert, das sich trotz oder gerade mit aller Lyrik und schöner Musik den Themen des Weltladens verpflichtet sieht, nämlich dem „Trachten, die Würde des Menschen zum Leuchten zu bringen.“

Gemeinsam mit Pfarrer Walter Bernbeck begrüßte Hildegard Maaß Gäste und Musiker im Getürms. Fotos: Traudi Schlitt

In der Praxis geschieht das durch fairen Handel mit Menschen, die sich auf diese Weise einen sicheren Lebensunterhalt verdienen können, um sich und ihren Kindern in ihren Heimatländern Perspektive und Bildung zu schaffen, wie Hildegard Maaß, Vorsitzende des Weltladen Alsfeld, in ihrer Ansprache darlegte. Sie dankte allen Menschen, die vor 15 Jahren den Mut hatten, in Alsfeld einen Weltladen zu gründen, mit dem Ziel, „die Welt ein wenig besser zu machen“, und sie dankte allen, die heute aktiv im Weltladen arbeiten.

Zu den Aufgaben des Weltladens zählt neben dem fairen Handel auch Bildungsarbeit, wie Maaß betonte. Verschiedenste Veranstaltungen, wie Vorträge und Filmabende im Jahreskalender des Weltladens zeugen von diesem Anspruch, genauso wie Kooperationen mit Schulen, Konfigruppen oder anderen interessierten Einrichtungen. Das Konzert, mit dem sich der Weltladen selbst zum 15. Geburtstag ein schönes Geschenk gemacht hat, sei nur mit viel aktiver Hilfe möglich geworden, nicht zuletzt auch durch Unterstützung des Bundesprojekts Demokratie Leben und des Zentrums Oekumene.

Die Bronzene Anstecknadel der Stadt Alsfeld für Hildegard Maaß

„Wären Sie nicht in der Stadt, würde uns allen etwas fehlen.“ Mit diesen Worten gratulierte Bürgermeister Stephan Paule dem rührigen Verein, der an seinem Standort mitten in der Stadt immer wieder Themen wie Verteilungsgerechtigkeit und die Verantwortung eines jeden Einzelnen ins Gespräch bringe, um die Lebensqualität von Menschen zu verbessern, denen es nicht so gutginge wie den Menschen hier. Insbesondere würdigte Paule an diesem Abend die Leistung von Hildegard Maaß. Er blickte kurz auf ihr langes, gesellschaftspolitisches Wirken zurück, mit dem sie seit Jahrzehnten unter anderem in ihrer früheren Funktion als osthessische DGB-Vorsitzende gesellschaftsrelevante Themen angehe. In Anerkennung dieser Leistungen verlieh der Rathauschef Maaß die Bronzene Anstecknadel der Stadt Alsfeld.

Hildegard Maaß erhielt die Bronzene Anstecknadel der Stadt Alsfeld.

Doch dann war es Zeit für die Musik, für das Schwelgen in den Rhythmen Lateinamerikas, für das die beiden Musiker, der Portugiese Fernando Dias Costa und der Argentinier Anibal Cicilotti, stehen wie kaum zwei andere. Mitglieder der legendären Grupo Sal, die schon mit dem aus Nicaragua stammenden Dichter und ehemaligen Kulturminister Ernesto Cardenal unterwegs war, sind sie beide; nun haben sie mit „Porto La Plata“ ihre erste gemeinsame CD als „Grupo Sal Duo“ herausgebracht. Mit zwölf Liedern verschiedener Komponisten möchten sie den „Puls Lateinamerikas“ auf deutsche Bühnen bringen – im Getürms gelang ihnen das, kongenial unterstützt durch die Licht- und Fotoinstallationen, auf das Beste.

Eine Mischung aus Gesang und Erzählung

Es war diese Mischung aus Erzählung und Gesang, aus Gitarrenmusik und Percussion, die die Gäste vom ersten Moment an mitriss. Gewidmet sind ihre Lieder, darunter auch eigene Kompositionen, dem Land und seiner Schönheit, den Menschen und den verschiedenen Leben, die diese führen, sei es als Frau der Nacht, als kleiner Rosenverkäufer auf der Straße oder als einfacher Fischer. So nahmen die beiden leidenschaftlichen Musiker ihr Publikum mit an die Ufer des Paraná oder des Tejo, erklommen die Höhen der Anden, entführten sie in einen Dorfladen, in dem eine schöne Frau sich einen Wettstreit mit einem Polizisten liefert und am Ende ein Lied gewinnt, oder in die Nacht, in der ein Mann um die Liebe seines Lebens kämpft.

Leidenschaftliche Musiker mit Message und Haltung: Fernando Dias Costa und Anibal Cicilotti sind Grupo Sal Duo.

Dabei gerieten die Übersetzungen der in spanischer oder portugiesischer Sprache gesungen Lieder so poetisch und reich an Metaphern, dass die Zuhörer nur ihre Augen schließen mussten, um die Bilder, von denen Fernando Dias Costa und Anibal Cicilotti sangen, vor ihrem inneren Auge erstehen zu lassen. In den alten Mauern des Getürms erklangen Tangos und Milongas, Boleros, Sambas, ungewöhnliche Walzer, Merengues und die Schwere des portugiesischen Fado, häufig gespickt mit Jazz-Elementen oder afrikanischen Einflüssen, die in Lateinamerika unüberhörbar sind.

Bei aller Liebe zu den Menschen und dem Kontinent schwang auch immer die Botschaft mit, die die beiden Musiker mit dem Weltladen eint: Bewusstsein schaffen für Unrecht in der Welt, Haltung einnehmen, Stellung beziehen. Ganz deutlich wurde dies in einem Lied, das die beiden der brasilianischen Aktivistin Marielle Franco widmeten, die in diesem Jahr auf einer Fahrt im Auto erschossen wurde – wenige Tage nachdem sie Vorsitzende einer Kommission für die Aufklärung militärischer Übergriffe in den Favelas geworden war.

Am Ende eines außergewöhnlichen Abends konnten die Besucher ganz viel aus dem Getürms mit nachhause nehmen. Inspiration und Nachdenklichkeit, wunderschöne Musik, die lange Nachklang und das Gefühl, als Menschen miteinander in Verbindung zu stehen.

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