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Am Sonntag ist nicht nur Landtagswahl - Was Sie über die Volksabstimmungen wissen müssen15 Entscheidungen über Hessens Verfassung: Worum geht’s da nochmal?

VOGELSBERG (ls). Am Sonntag wird gewählt. Genauer: Hessen entscheidet über einen neuen Landtag. Aber auch 15 mögliche Verfassungsänderungen stehen zur Volksabstimmung bereit. Was die Änderungen eigentlich bedeuten, erklärt OL in diesem Überblick.

Im aktuellen Landtag haben sich die Parteien auf 15 mögliche Änderungen in der hessischen Verfassung geeinigt, die am Sonntag zur Abstimmungen stehen. Heißt im Klartext: Die Bürger selbst haben das letzte Wort darüber, wie und ob sich die Verfassung ändern soll. Hinter jedem Vorschlag auf dem Stimmzettel befindet ein „Ja“ und ein „Nein“ zum Ankreuzen. Alternativ kann jemand, der mit allem einverstanden ist, auch allen Änderungen auf einmal zustimmen.

Ziel des Ganzen: Die Hessische Verfassung soll entrümpelt und modernisiert werden. In den letzten Jahren gab es immer wieder Änderungsvorschläge verschiedener Parteien, die sich aber im Plenum oft nicht durchsetzen konnten. So scheiterte die CDU beispielsweise damit, einen Gottesbezug in die Verfassung aufzunehmen. Die SPD scheiterte mit der Idee eines Grundrechts auf gebührenfreie Bildung, die Linke konnte ihr Grundrecht auf Wohnen nicht durchsetzen. Auch die FDP fand keine Mehrheit: Sie wollte in die Verfassung schreiben, dass ein Ministerpräsident nur einmal wiedergewählt werden darf.

Am Ende einigte man sich auf 15 Punkte, die in der Verfassung geändert oder ergänzt werden sollen. Die reichen von Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, über Kinderrechte und neue Staatsziele, bis hin zur Abschaffung der Todesstrafe. Ja, richtig gelesen, die gibt es formell in Hessen noch. Was die Änderungen im einzelnen bedeuten und enthalten? Wir haben das alles für Sie zusammengefasst.

Punkt 1: Stärkung und Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern

Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern soll mit der Abstimmung in die Hessische Verfassung aufgenommen werden – ähnlich wie im Grundgesetzt. Das würde den Staat verpflichten, die Gleichberechtigung zu fördern und gleichzeitig bestehende Nachteile abzubauen. Im Mai diesen Jahres wurde die Ergänzung des Artikel 1 einstimmig vom Landtag beschlossen.

Punkt 2: Stärkung der Kinderrechte

Kinderrechte sollen nicht nur in die Verfassung aufgenommen, sondern auch gestärkt werden – vor allem soll sich das in der Gesellschaft zeigen. Land, Städte und Gemeinden wären damit verpflichtet, Kinder vor seelischer, geistiger und körperlicher Vernachlässigung, Misshandlung, Missbrauch, Gefährdung und Gewalt besser zu schützen, so die Theorie. Außerdem sollen Kinder in ihrer Entwicklung gefördert werden.

Punkt 3: Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz informationstechnischer Systeme

Im Grunde genommen soll auch in die Verfassung aufgenommen werden, dass jeder selbst über die Preisgabe und Verwendung von persönlichen Daten bestimmen soll. Auch sollen alle datenverarbeitenden Geräte selbst geschützt werden.

Punkt 4: Aufhebung der Regelung zur Todesstrafe

Bis heute gibt es in Hessen formal die Todesstrafe. Sie wird nur weder verhängt noch vollstreckt. Denn in Deutschland gilt der Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht“. Und weil das Grundgesetz bereits 1949 für die gesamte Bundesrepublik die Todesstrafe verboten hat, gibt es sie auch in Hessen seitdem nur noch auf dem Papier. Das soll sich jetzt ändern.

Fünf neue Staatsziele für die Verfassung

Punkt 5: Aufnahme eines Staatszielbegriffs

Die Hessische Verfassung soll Staatsziele bekommen, die der Regierung inhaltlich Ziele vorgeben. Sie sollen verpflichten, dem Staatsziel einen möglichst hohen Stellenwert im Rechtssystem zuzuweisen. Auch die Ziele sind als weitere Änderungen bereits definiert – oder jedenfalls fünf davon: Die Förderung der Nachhaltigkeit, der Infrastruktur, der Kultur, des Ehrenamts und des Sports.

Punkt 6: Staatsziel zur stärkeren Berücksichtigung der Nachhaltigkeit

Das Prinzip der Nachhaltigkeit soll auf kommunalen und staatlichen Handlungsfeldern berücksichtig werden, sodass ein verantwortungsvolles Handeln auch die Interessen künftiger Generationen berücksichtigt. Zusammengefasst: Man soll künftigen Generationen ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben.

Punkt 7: Staatsziel zur Förderung der Infrastruktur

Das heißt übersetzt soviel wie investieren in Brücken und Straßen und nicht nur sparen. Das soll auch dazu beitragen, dass es sich auf dem Land genauso gut leben lässt wie in der Stadt. Mit ordentlichem Nahverkehr und schnellem Internet beispielsweise. Oder bezahlbare Wohnungen.

Allen Änderungen können mit der einheitlichen Abstimmung zugestimmt oder abgelehnt werden – oder aber jede einzelne Änderungen kann angekreuzt und individuell entschieden werden. Foto: ls

Punkt 8: Staatsziel zum Schutz und zur Förderung der Kultur

Der Staat soll der Kultur bei seinem Handeln eine besondere Gewichtung beimessen. Außerdem soll Kultur als Begriff weiter verstanden werden und unter anderem auch die Pflege von Brauchtum und Dialekten umfassen.

Punkt 9: Staatsziel zum Schutz und zur Förderung des Ehrenamts

Ehrenämter sollen vom Land, von Gemeinden und Gemeindeverbänden im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten und im Rahmen ihrer Zuständigkeiten gefördert und unterstützt werden. Das soll zeigen, dass den öffentlichen Stellen das freiwillige Engagement der Bürger wichtig ist.

Punkt 10: Staatsziel zum Schutz und zur Förderung des Sports

Hier handelt es sich um eine Anpassung der Formulierung. Bislang ist dieser Prunkt nämlich bereits unter dem Staatsziel „Schutz und Pflege des Sports“ in der Verfassung enthalten.

Verfassung soll modernisiert werden

Punkt 11: Bekenntnis zur Europäischen Integration

In der Hessischen Verfassung steht „Hessen ist ein Glied der deutschen Republik“. Der Text soll an die Entwicklungen seit 1946 angepasst werden, indem es ausdrücklich als Gliedstaat des Bundesrepublik Deutschland und als Teil der Europäischen Union bezeichnet wird. Außerdem soll sich Hessen klar zu demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichteten und zu einem geeinten Europas bekennen.

Punkt 12: Herabsetzung des Wählbarkeitsalters

Um in den Landtag gewählt zu werden, muss man aktuell mindestens 21 Jahr alt sein. Künftig soll das schon ab 18 möglich sein, so wie auch in anderen Bundesländern und bei Abgeordneten des Deutschen Bundestages möglich ist. Es erscheine nicht mehr sachgerecht, für die Wählbarkeit ein höheres Lebensalter zu verlangen, als für das Recht zu wählen, sagen die Befürworter diese Punkts.

Punkt 13: Elektronische Verkündung von Gesetzen

Nur Papier war gestern: Die vom Landtag beschlossenen Gesetzte, die im „Gesetz- und Verordnungsblatt“ veröffentlicht werden, sollen auch in elektronischer Form zugänglich sein.

Punkt 14: Stärkung der Volksgesetzgebung

Künftig soll in der Verfassung die direkte Demokratie gestärkt werden. Bisher brauchte es für ein Volksbegehren die Zustimmung von einem Fünftel der Stimmberechtigten, also 20 Prozent. Das soll sich ändern: Mit der Änderung wären nur noch fünf Prozent der Stimmberechtigten notwendig. Bei einem Volksbegehren wird ein Gesetzentwurf durch die Bürger in den Landtag eingebracht. Das hat bislang noch nie in Hessen geklappt.

Würde ein Volksbegehren eingebracht, könnte der Landtag das entsprechende Gesetz übernehmen oder es den Wählern selbst für eine Volksabstimmung vorlegen. Für diesen Fall galt bisher, dass die Mehrheit der abgegebenen Stimmen zählt. Auch das soll geändert werden: Bei einer Volksabstimmung soll nun mindestens ein Viertel der Stimmberechtigten zustimmen müssen. So soll verhindert werden, dass eine meinungsstarke Mehrheit eine Volksabstimmung für sich entscheidet.

Punkt 15: Stärkung der Unabhängigkeit des Rechnungshofs

Der Hessische Landesrechnungshof ist dafür zuständig, zu überprüfen, ob mit dem öffentlichen Geld sorgsam umgegangen wird. Damit das noch besser funktioniert, soll er von der Politik unabhängiger werden. Die Prüfer sollen somit selbst entscheiden können, welchen Vorgang sie prüfen und wie intensiv sie das tun.

Ein Gedanke zu “15 Entscheidungen über Hessens Verfassung: Worum geht’s da nochmal?

  1. Doch mit Art. 1 der Verfassung des Landes Hessen fängt das Elend schon an:
    „Alle Menschen sind vor dem Gesetze gleich, ohne Unterschied des Geschlechts, der RASSE, der religiösen und der politischen Überzeugung.“
    __________

    Es gibt keine unterschiedlichen „Menschenrassen“. Und der Begriff ist damit – insbesondere vor dem Hintergrund des aktuellen Auflebens von Rassismus und Antisemitismus – geradezu toxisch. Siehe (http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/213673/rassen-gibt-s-doch-gar-nicht).
    Von daher muss ich den zur Volksabstimmung vorgelegten Änderungsentwurf ablehnen.

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