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Ein Einblick in die Arbeit der Maske zum Film "Die Wolf-Gäng"Zwischen Trollmasken, Holz-Händen, Perücken und Haarspray

ALSFELD (akr). Es ist schon ein Highlight für die Stadt Alsfeld und ihre Bewohner, dass eine große Filmproduktion ihren Weg in die historische Altstadt gefunden hat. Heute ist es endlich so weit, der Beginn der Dreharbeiten. Damit auch Outfit- und Make-Up-technisch alles sitzt und passt, fand im Vorfeld ein Fitting statt – quasi die Generalprobe was das Optische angeht. Wie läuft so ein Fitting ab und was passiert eigentlich in der Maske? Ein Tag in der Maske.

Mit sanften Bewegungen bemalt Stuart Szymanski mit einem feinen Pinsel eine Hand, die auf einem der Arbeitstische aufrecht steht, umgeben von Küchenrolle, Gummihandschuhen, Farben und Werkzeug. Nach und nach in Schichten, in feinster Handarbeit. Echt muss sie aussehen, wie eine Hand aus Holz. Stuart ist Skulpteur und arbeitet gerade an einer Requisite für den Film „Die Wolf-Gäng“.

Seit über einer Woche arbeitet er unter anderem an den „Holz-Händen und Holz-Armen“. Nachdem er die Silikon-Hand bepinselt und betupft hat, föhnt er sie auf niedrigster Stufe zum sanften Trocknen an. Dann legt er den Föhn wieder beiseite und es folgt die nächste Schicht aus braunem Silikon. Das selbe Szenario, immer wieder. Damit das Sonnenlicht nicht beim Bemalen stört, sind die Fenster provisorisch mit Pappe aus Kartonresten abgeklebt.

Mit dem Föhn trocknet Stuart das Silikon. Fotos: akr

Nebenan auf dem Tisch liegen auf einer weißen Folie verschiedene Ohrenformen aus Gips. Über 100 verschiedene Ohren aus Silikon wurden bereits angefertigt. Unterschiedliche Charaktere benötigen eben auch unterschiedliche Ohren – schließlich sehen die Ohren eines Teufel anders aus, als die eines Trolls. Damit ein Troll aber auch aussieht wie ein Troll, gibt es dazu auch die passende Maske. Die liegt gerade, in zweifacher Ausführung, mit einer Knubbelnase auf einem Gipsabdruck und wartet auf die weitere Verarbeitung. So eine Silikonmaske kann allerdings nur ein Mal verwendet werden. Ist ein Drehtag vorbei, wird sie vom Gesicht des Schauspielers wieder entfernt.

Dabei geht sie zum Teil kaputt, deswegen muss sie immer wieder neu angefertigt werden, erklärt Stuart in seine Muttersprache Englisch. Das fällt ihm leichter. Ursprünglich kommt der Skulpteur aus England, lebt aber schon eine ganze Weile in Berlin. Bis zu zwei Wochen kann die Arbeit an einer Maske beanspruchen, je nachdem wie aufwändig sie ist.

Knubbelnasen im Doppelpack.

Und das geschieht unter anderem in dem „Messy-Room“ wie Stuart ihn lachend bezeichnet. Eigentlich ist es eine normale Küche, eben ein wenig unordentlich, vollgestellt mit Eimern, Silikon, Formen, Gips und vielem mehr. Mit mehr als zwei Personen wird es da drin eng. Der Boden ist, wie auch der große Raum, mit Folie und Kartonresten beklebt, damit das tropfende Silikon, der Gips oder die Farbe ihn nicht beschädigt.

Neben knubbeligen Nasen, Elfen-oder Trollohren, verschiedenen Zähnen und Perücken auf weißen Styroporköpfen findet man viele weitere Filmrequisiten. So zum Beispiel Teufelshörner, gedruckt mit dem 3D-Drucker. Die sind allerdings nicht aus Silikon, sondern aus Plastik. „Sie müssen leicht sein, wenn sie an der dazugehörigen Maske befestigt werden“, erklärt der gebürtige Engländer, der seit zehn Jahren als Skulpteur arbeitet. Dann steckt er sich die Kopfhörer in seine Ohren, drückt auf seinem Handy die Play-Taste, geht in den Messy-Room und schließt die weiße Tür hinter sich.

Maskenbildnerin Caterina bei der Arbeit

Auf der linken Seite des Raumes hört man das Sprühen einer Haarspraydose. Es ist die Maskenbildnerin Caterina Veronesi. Sie frisiert gerade eine Komparsin mit mittellangen rotem Haar. Ihre Liebe zu dem Beruf hat Caterina während ihres Studiums entdeckt, ihrem ersten, erzählt sie mit leicht italienischem Akzent. In Wien studierte sie Theater-,Film und Medienwissenschaft. „Da habe ich quasi erst wirklich wahrgenommen, dass es diesen Beruf gibt. Ich wollte ihn unbedingt machen“, erzählt die 28-jährige Caterina. Also beendete sie ihr Studium und suchte nach einem Weg, ihrem Traumberuf Maskenbildner näher zu kommen.

Luca bekommt von Caterina die Haare im Fiftys-Look gestylt.

Sie fand heraus, dass man an der Hochschule in München ein Maskenbilderstudium machen kann. „Um mich auf die Aufnahmeprüfung vorzubereiten, habe ich erst einmal ein Praktikum bei der Staatsoper in München absolviert“, erzählt sie. Danach hat sie sich mit einer Mappe beworben, zwei Tage praktische Aufgaben und ein abschließendes Vorstellungsgespräch überstanden, bis sie letztendlich angenommen wurde. Seit sie im März ihr vierjähriges Studium beenden konnte, arbeitet sie freiberuflich als Maskenbildnerin. „Als Maskenbildnerin macht man mehr als das klassische Beauty Make-Up“, betont sie – beispielsweise macht sie Spezialeffekte, sie stellt mit Modelliermasse Narben dar, kann jemanden einen falschen Bart anlegen, Perücken knüpfen und vieles mehr. Sie legt den Kamm auf den Tisch, greift nach der Haarspraydose und fängt wieder an zu Sprühen.

Es ist Fitting-Tag, quasi die Generalprobe für Kostüm und Frisur-und Make-Up. Die Dreharbeiten stehen vor der Tür und dann muss alles stimmen. Luca-Helen Schmidt sitzt auf dem Drehstuhl und lässt sich von Caterina ihre roten Haare im Stile der 50er-Jahre stylen. Luca spielt eine der Bewohnerinnen aus der fiktiven Stadt im Film, die in der Vergangenheit lebt. Seit etwa einer halben Stunde dreht Caterina einzelne Haarsträhnen zu Locken, steckt sie mit Haarnadeln fest und besprüht alles fleißig mit Haarspray. Das passende Kleid im Stile der 50er Jahre trägt sie bereits. Zuvor war sie im dritten Stock bei der Kostümanprobe.

Kostüme über Kostüme

Im dritten Stock wurde sie von der Kostümbildnerin Katharina Schnelling eingekleidet. Durch einen langen Flur, vollgestellt mit Kleiderstangen, geht es für Luca in den großen, hellen Raum. Hier stehen weitere Kleiderstangen, an denen zahlreiche Kostüme hängen. Schuhe sammeln sich unter den Kleiderstangen, auf den Tischen vor dem Fenster liegen diverse Kopfbedeckungen, von klassischen schwarzen Hüten, bis hin zu pastellfarbenen Baretts. Auf den ersten Blick erscheint es chaotisch, doch alles hat seine Ordnung, dafür sorgen die kleinen weißen Zettel, die markieren, um was für Kostüme es sich handelt – sei es für männliche oder weibliche Darsteller.

Regisseur Tim Trageser zeigt in einem Facebook-Post die Verwandlung in der Maske.

Steht ein gesamtes Outfit bereits fest, dann wird das Foto des Schauspielers mit Namen und Fitting-Nummer daran befestigt, damit man es am Drehtag schnell parat hat. An den Wänden hängen Collagen mit Zeichnungen von möglichen Kostümen. Bereits Anfang Juni fing Katharina an, sich Gedanken über die Outfits zu machen. Seit fast 20 Jahren arbeitet sie bereits als Kostümbildnerin. Die Kostümbildnerin holt für Luca ein hellblaues Kleid hervor. Gemeinsam mit ihr geht sie in einen kleinen Nebenraum, damit sich Luca in Ruhe umziehen kann. Sie kommt raus und Katharina zupft ein wenig am Kleid hin und her. Luca dreht sich, ein abschließender Blick der Maskenbildnerin: Alles passt und sitzt. Die Komparsin ist bereit für die Maske. Sie geht den langen Flur zurück, durch das Treppenhaus runter in den ersten Stock.

Zum Abschluss ein Foto

Nach und nach kommen immer mehr der „Bewohner“ zum Fitting. Damit nicht alle Damen die gleichen Frisuren haben, hängen an den Wänden auch in der Maske verschiedene Fotos, die zur Inspiration dienen. Luca ist fertig frisiert, die nächste ist Janina Bonstein aus Schwalmstadt. Auch sie ist eine der Stadtbewohnerinnen. Sie bekommt von Caterina eine Haartolle verpasst. Caterina toupiert ihre Haare und steckt sie mit Haarnadeln nach hinten fest. Dann bindet sie ihr ein helles Tuch in die Haare. Um den Fifties-Look perfekt zu machen, darf der knallig rote Lippenstift natürlich nicht fehlen. Doch rot ist nicht gleich rot. Die Maskenbildnerin wühlt in einem der vielen Kosmetiktaschen, auf ihrer Hand probiert sie diverse Rottöne aus. Dann trägt sie mit einem feinen Lippenpinsel einen roten Lippenstift auf.

Die Haartolle wird mit Haarnadeln befestigt.

Janina steht auf, nimmt ihren weißen Zettel mit ihrer Komparsennummer in die Hand und stellt sich vor eine freie Wand auf der anderen Seite des Raumes. Caterina zückt ihr Handy aus der Hosentasche und macht ein Bild. Eines von vorne, von der Seite und von Hinten. Klingt ein wenig nach Verbrecherfoto, dient aber dazu, dass die Schauspieler und Komparsen am Drehtag genauso wie beim Fitting zurecht gemacht werden.

Dann verlässt Janina die Maske und macht sich wieder auf den Weg in den dritten Stock zu den Kostümen. Hier sitzt bereits ein junger Mann mit blondem Haar. Auch er soll gleich sein Kostüm zum ersten Mal zu Gesicht bekommen. Janina geht rein und die Kostümbildnerin Katharina macht ein abschließendes Foto. Mittlerweile ist es 17 Uhr. Drei Komparsen fehlen noch, eine Frau und zwei Männer, dann hat auch die Maskenbilderin – und auch die Kostümbildnerin – endlich Feierabend.

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