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Alexander-von-Humboldt-Schule forciert Mobilitäts-App „Fairschult“ und arbeitet an eigenem SchulmobilitätsplanVom Elterntaxi zur selbstorganisierten Fahrt

LAUTERBACH (ol). MoDaVo ist ein Modellvorhaben, das sich zwei Jahre lang mit der langfristigen Sicherung von Versorgung und Mobilität im Vogelsbergkreis befasst hat. Die Alexander-von-Humboldt-Schule und die Max-Eyth-Schule beteiligten sich unter dem Blickwinkel der Mobilität von jungen Menschen daran. Dabei kam raus: Die meisten Schüler sind auf Elterntaxis angewiesen – und das sollte sich ändern.

Anfang Juni hat es laut Pressemitteilung der Alexander-von-Humboldt-Schule nun eine Abschlussveranstaltung des Vogelsbergkreises zu dem Projekt MoDaVo gegeben, in der die Frage nach der zukünftigen Organisation von Versorgung und Infrastruktur im Landkreis thematisiert wurde. Zahlreiche Workshops, Vorträge und die Sammlung von Projektideen wurden in den vergangenen zwei Jahren umgesetzt, wie der Erste Kreisbeigeordnete Dr. Jens Mischak in der Abschlussveranstaltung resümierte. Mit im Boot waren fast von Beginn an zwei Schulen des Vogelsbergkreises: Die Alexander-von-Humboldt-Schule und die Max-Eyth-Schule, die sich unter dem Blickwinkel der Mobilität von jungen Menschen daran beteiligten.

Ein Einblick in den Schulmobilitätsplan. Alle Fotos: Oliver Stoy

Entstanden war diese Zusammenarbeit kurz nach dem ersten Fachgespräch, das an der Alexander-von-Humboldt-Schule stattgefunden hatte. Schulleiterin Gitta Holloch fiel damals auf, dass die Perspektiven junger Menschen noch zu wenig Beachtung fanden und regte an, Projektteams in Vogelsberger Schulen zu bilden. Eine Idee, der sich die Verantwortlichen aus dem Landkreis und den involvierten Gremien gerne anschlossen. So lieferten die Schülerinnen und Schüler im Lauf des Projektes wertvolle Impulse, beispielsweise arbeiteten sie an einem Fragebogen mit, den sie auf Verständlichkeit und Relevanz für Schülerinnen und Schüler hin überprüften. Besonderes Augenmerk lag dabei auf denjenigen Kindern und Jugendlichen, die nicht in den Mittelzentren, sondern in den kleinen Dörfern und Kommunen des Flächenkreises wohnen. Schon damals war schnell klar: Ohne Elterntaxis geht es nicht.

Als eine Folge aus dieser Erkenntnis gab der Landkreis die Entwicklung einer App, Fairschult, in Auftrag, die die sichere Organisation von Mitfahrgelegenheiten steuert. Dazu kam die Firma NetFair Solutions ins Boot, die bereits eine ähnliche Mitfahr-App für Romrod entwickelt hatte. Im Lauf des Projekts gab es außerdem einen Workshop für Eltern, der sich mit dem Thema Mobilität, Elterntaxi und Alternativen befasste.

An der Alexander-von-Humboldt-Schule sind Oliver Stoy für die Schulleitung und Sebastian Recklies, Fachsprecher Politik und Wirtschaft, für das Projekt verantwortlich. „Es war uns wichtig, die Perspektive der Kinder und Jugendlichen einzubringen – sowohl hinsichtlich des Schulwegs als auch im Bereich der Freizeitgestaltung an Abenden und Wochenenden.“ Das sei gelungen – mit eigens gestalteten Plakaten nahmen Schülerinnen und Schüler der Alexander-von-Humboldt-Schule an der Abschlussveranstaltung teil und präsentierten ihre Sicht der Dinge.

Welche Wege, von wo wohin und mit welchem Verkehrsmittel? All das steckten die Schüler auf einer Karte ab.

Für die AvH allerdings läutete die abschließende Veranstaltung nur eine neue Runde in der Arbeit an diesem sinnvollen Projekt ein. So beschäftigte sich kurz vor den Ferien eine Klasse der E-Phase mehrere Tage lang mit dem Thema, um weiteren Nutzen für die Schülerinnen und Schüler zu generieren. Zunächst sammelten sie selbst mit Interviews vor Ort, per Skype, per Mail oder am Telefon die Sichtweisen des Landkreises und der lokalen Politiker aller Parteien. Für den Landkreis stellte sich Mathias Sebald vom Amt für Wirtschaft und den ländlichen Raum den Fragen der Oberstufenschüler. Die Fragen überspannten einen weiten Bereich – von einer Bestandsaufnahme zum Thema Infrastruktur und Mobilität über Herausforderungen und Lösungsansätze bis hin zu Visionen für eine gelingende Daseinsvorsorge in der Zukunft.

Aufgeschlossene Parteien

Dafür zeigten sich auch die Parteien sehr aufgeschlossen. Für die SPD äußerte sich Kreistagsmitglied Heiko Müller, die Linke kam mit Nicole Eggers, Direktkandidatin für die Landtagswahl, und Michael Riese, Fraktionsvorsitzender im Kreistag, zum Gespräch. Auch die Landtagsabgeordnete Eva Goldbach von den Grünen äußerte sich zu den oben genannten Fragen, genauso wie CDU-Landtagskandidat Michael Ruhl. Per Skype nahm auch André Tonigold, Vorsitzender des FDP-Stadtverbands Lauterbach, an der Befragung teil. Alle Interviewpartner nahmen sich viel Zeit für die Fragen der Schülerinnen und Schüler, nahmen Anregung und Kritik auf, berichteten aber auch von ihren eigenen Erfahrungen mit dem ÖPNV im Vogelsberg und skizzierten verschiedenste Lösungsmöglichkeiten und Zukunftsszenarien. Für die VGO, die Verkehrsgesellschaft Oberhessen, empfing Sven Theiß die Gäste von der AvH. Er erläuterte unter anderem die Verkehrsmöglichkeiten im Vogelsbergkreis.

Im Interview mit Vertretern aller politischen Parteien – eine interessante Aufgabe für die Schüler der E-Phase.

Neu zu diesen Möglichkeiten kommt bald die App „Fairschult“, die in Anlehnung an die bereits bestehende App „Fairfahrt“ vom NetFair-Solutions-Team rund um Andreas Stein entwickelt und auf der Abschlussveranstaltung des Kreises vorgestellt wurde. Ende Juni war Stein damit auch auf dem Schulfest der Alexander-von-Humboldt-Schule zu Gast, wo er diese App einem breiteren Publikum bekanntmachte und wo auch die Schülerinnen und Schüler ihre Projektergebnisse präsentierten und die geführten Interviews veröffentlichten.

Start der App nach den Ferien

„Die App soll nach den Ferien starten“, sagte der Tenor der Projektverantwortlichen auf der Abschlussveranstaltung. Die Alexander-von-Humboldt-Schule selbst will darüber hinaus noch weiter an dem Thema arbeiten, wie Oliver Stoy darlegte. Sie möchte jährlich wiederkehrend den Blick der Schüler auf Schulwege, Mobilität und Bedarfe einholen und einen eigenen Schulmobilitätsplan entwickeln, der sich auch Lauf- und Fahrradgemeinschaften in Lauterbach und auf kurzen Wegen aus den umliegenden Dörfern annimmt. „Schon jetzt bilden sich solche Gruppen ganz selbstständig“, führte Recklies aus, „dennoch möchten wir schuljahresübergreifende Gemeinschaften, sogenannte ‚walking buses‘ forcieren, die für mehr Sicherheit im Straßenverkehr stehen, aber auch die Schulgemeinschaft als solche stärken.“

Andreas Klein, Mit-Entwickler der App „Fairschult“, stellte diese auf dem Schulfest vor.

3 Gedanken zu “Vom Elterntaxi zur selbstorganisierten Fahrt

  1. „So beschäftigte sich kurz vor den Ferien eine Klasse der E-Phase mehrere Tage lang mit dem Thema, um weiteren Nutzen für die Schülerinnen und Schüler zu generieren.“
    Also früher war es irgendwie einfacher, zur Schule zu kommen. Aber da wussten die Kinder eh noch, was Phase ist.

  2. Hilfe, die Förder-Projekte Kommen! Lauf- und Fahrradgemeinschaften in Lauterbach und auf kurzen Wegen aus den umliegenden Dörfern – ist das Ihr Ernst? Und natürlich muss das alles zu einer Art Bewegung mit englischer Bezeichnung führen. Warum nicht gleich „Nordic Walking buses“? Und wer direkt neben der Schule wohnt, nimmt den „School stepper“ oder „Crosstrainer“, wenn er dabei die Straßenseite wechseln muss.

  3. Also ich war Ende der 1970er Jahre Lehrer an einer Internatsschule im Nachbarlandkreis und später Internatsleiter. Was sich die Schüler damals schon mit der Up-up-and-away-App, das heißt also ganz ohne App, an selbstorganisierten Fahrten selbst organisiert haben, möchten Sie gar nicht wissen. Das Weiteste war, glaube ich, Italien per Anhalter. Aber Marburg und Gießen und selbst Frankfurt Bahnhofsviertel wurden sehr gern genommen. Heute braucht man dafür wohl ein „Projekt“, einen Projektleiter und jede Menge Technik.

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