Stadt schreibt Fundtiervertrag neu aus – Tierheim Alsfeld stellt Sichtweise klar„Mit Alsfeld, für Alsfeld und für das Tier“
ALSFELD (ls). Ein alleingelassenes, nach Hilfe miauendes Katzenkind oder eine hilflose Katze am Straßenrand, ein freilaufender Hund, der orientierungslos und ohne jegliche Bezugsperson durch die Stadt irrt. Immer wieder begegnen einem verlassene Tiere rund um die Stadt Alsfeld. Der erste Gedanke: mitnehmen und ins Tierheim Alsfeld bringen. Falsch, denn die Stadt hat bereits vor Jahren einen Fundtiervertrag mit Gelnhausen abgeschlossen.
Eben dieser soll allerdings in diesem Jahr neu ausgeschrieben werden. Da die Bevölkerung immer wieder Anfragen stellt, warum Fundtiere nicht im Tierheim abgegeben werden können, riefen die Verantwortlichen des Alsfelder Tierheims eine Pressekonferenz ins Leben, bei dem sie erklärten, weshalb das Tierheim gefundene Tiere ablehnen muss, und stellten außerdem ihre Sichtweise zur neuen Ausschreibung des Vertrages dar.
Zum Hintergrund: Im letzten Jahr habe die Stadt Alsfeld aus Kostengründen einen kostenpflichtigen Fundtiervertrag mit dem Tierzentrum in Gelnhausen abgeschlossen, das seit dem für in Alsfeld gefundene Tiere zuständig ist. Der in der Stadt ansässige Tierschutzverein hat aus diesem Grund keinerlei vertragliche Zuständigkeit. Vermehrt gab es bereits von betroffenen Bürgern, die ihre aufgefundenen Tiere in Gelnhausen wieder abholen mussten, Kritik an der Regelung. Nicht zu Unrecht beklagte man sich über die verhältnismäßig hohen Kosten der Rückholung ihrer entlaufenen Tiere. Der kürzeste Weg nach Gelnhausen – hin und zurück – beträgt schlappe 180 Kilometer und drei Stunden Fahrtzeit. Was die Stadt offenbar an Kosten spart, legt der jeweils betroffene Tierhalter also an Fahrtkosten wieder drauf.
Außerdem lehne das Tierzentrum in Gelnhausen einige Tiere ab, so das Tierheim. Die Stadt und auch das Tierzentrum in Gelnhausen definieren diese Tiere als „herrenlos“ – ein Wort, das für das Alsfelder Tierheim keine Bedeutung hat. „Alle Tiere gelten bei uns als Fundtiere. Für uns gibt es keine herrenlosen Tiere. Wir ziehen da keine Unterschiede“, so die Vorsitzende des Tierschutzvereins in Alsfeld Ann-Catrin Schmidt. Über einen solchen Fall berichtete Oberhessen-Live bereits vor gut einem Jahr. Damals hieß es seitens des Ordnungsamtes der Stadt: „Die Stadt hat bestimmte Aufgaben, denen sie nachkommt. Wir nehmen die Verantwortung für Fundtiere wahr und arbeiten hier mit dem Tierzentrum in Gelnhausen zusammen. In diesem Fall handelt es sich allerdings um herrenlose Katzen, die nicht in das Zuständigkeitsgebiet der Stadt fallen.“
Neues Angebot des Tierheims bereits eingereicht – mit deutlichen Vorteilen
Seit 2013 bestehe kein Vertrag mehr zwischen der Stadt Alsfeld und dem Tierheim Alsfeld. Das soll – so wünscht es sich jedenfalls der Verein – in diesem Jahr wieder ändern. Der Vertrag mit dem Tierzentrum in Gelnhausen laufe zum Ende des Jahres aus. Bis September können Angebote eingeschickt werden. „Wir standen diesbezüglich schon mit dem Bürgermeister in Kontakt. Heute Morgen wurde unser Angebot eingereicht“, so Schmidt weiter. Das abgegebene Angebot kann zwar kostentechnisch mit 60 Cent pro Einwohner als Pauschalvertrag nicht mit dem in Gelnhausen verglichen werden, doch liegt er immer noch stolze 40 Cent unter den vom Dachverband empfohlenen Kosten – und das trotz deutlich umfangreicheren Leistungen. Warum die Stadt hier auf die kostengünstigere, aber nicht regionale und deutlich umständlichere Variante mit Gelnhausen zurückgreift, lässt sich nur mutmaßen.
„Wir nehmen erst einmal alle Tiere auf, aber der Tierhalter wird nicht mit immensen Kosten konfrontiert, wenn er sein Tier nach ein paar Tagen wieder abholt“, erklärt Schmidt die Unterschiede zu Gelnhausen. Zwar werde die Versorgung des Tieres in Kosten gestellt, belaufe sich diese allerdings lediglich auf 6 Euro pro Tag für eine Katze und 12 Euro am Tag für einen Hund. Außerdem werde laut Natascha Hirschmann, der Leiterin des Tierheims und der zuständigen Tierärztin nicht sofort Routinemaßnahmen eingeleitet: „Wir schauen uns die Tiere erst einmal an. Sollte das Tier in einem guten zustand sein, dann müssen wir es auch nicht behandeln. Wenn es natürlich verletzt bei uns ankommt, dann handeln wir sofort.“ Sollten eine medizinische Maßnahme notwendig sein, werde diese auch in Rechnung gestellt.
Außerdem bietet der ortsansässige Verein deutlich verringerte Fahrtkosten – auch geringe Fahrtwege, die für ein Tier oftmals mit erheblichem Stress verbunden sind, direkte Unterstützung vor Ort, den Verleih von Transportboxen falls man selbst keine hat, Hilfe und Unterstützung beim Abholen der Tiere sowie einen Notfalldienst sowie einen Polizeidienst. „Die Polizei in Alsfeld hat, falls nachts Tiere gefunden werden, einen Schlüssel für einen Zwinger, wo sie die Tiere reinsetzen können“, erklärte Hirschmann weiter.
Gute Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden
Auch in den letzten Jahren hatte sich der Tierschutzverein an der Ausschreibung der jährlichen Vertragserneuerung beteiligt. „Wir haben im letzten Jahr ein Angebot mit 50 Cent pro Einwohner als Pauschalvertrag* angeboten. Zunächst hatten wir auch das Gefühl, dass es gut bei der Stadt ankommt, aber bekommen haben wir den Vertrag dann doch nicht“, so Schmidt. Dabei arbeite das Tierheim mit einem solch geringen Betrag deutlich unter dem, was eigentlich benötigt werde – „kostendeckend ist anders“, erläutert Volker Schwenzfeier, der Pressesprecher des Vereins. Wie viele Tiere im Jahr so durch den Verein aufgenommen werden, ist unterschiedlich. Aktuell leben etwa 70 Katzen und 25 Hunde im Alsfelder Tierheim – und das ohne die Pflegestellen.
Gute Beispiele für eine funktionierende Zusammenarbeit gebe es genug: Antrifttal, Grebenau, Feldatal, Schwalmtal, Gemünden, Homberg/Ohm, Schwalmstadt, Neukirchen, Schotten und sogar Neuental. „Wir würden uns wünschen, dass wir mit allen Kommunen zusammenrücken. Alsfeld, Kirtorf, Romrod und Mücke sind noch nicht bei uns, aber wir sind gerne für Gespräche offen, wenn sie wollen“, so Schwenzfeier. Alle arbeiten diesbezüglich mit dem Tierzentrum Gelnhausen zusammen, dabei würde ein Wechsel nach Alsfeld lediglich einen Kostenunterschied von – im Fall Romrod – 400 Euro im Jahr machen. Vertretbar.
Das Tier steht im Vordergrund
„Wir machen bei einem so einem Betrag keinen Gewinn. Die Kosten sind schon sehr gering und eigentlich nicht mit dem zu vergleichen, was es eigentlich für uns kostet. Aber wir wollen für die Tiere und auch für die Finder da sein. Ihnen Fragen beantworten und ihnen helfen. Das Tier steht im Vordergrund“, so Schmidt abschließend. Ob die Stadt also in diesem Jahr bereit ist mit dem Alsfelder Tierheim zu kooperieren bleibt abzuwarten. Für das Tierheim steht jedenfalls fest: „Wir wollen mit Alsfeld, für Alsfeld und für die Tiere da sein und gerne diesen Vertrag abschließen“, so Schwenzfeier dazu.
UPDATE: Laut Bürgermeister Stephan Paule sei die Beendigung des Vertrages mit dem Tierheim Alsfeld bereits fünf Jahre her. Die Kündigung wurde laut seiner Aussage vom Tierheim Alsfeld ausgesprochen, da es bisherigen Beiträge erhöhen wollte. Danach sollen sich die Gemeinden nach Gelnhausen orientiert haben. Auch eine Neuausschreibung des Vertrages gebe es seitens der Stadt nicht. Der Vertrag mit Gelnhausen verlängere sich immer um ein Jahr, wenn er nicht bis September gekündigt wird. Wenn man sich mit dem Tierheim Alsfeld einigen würde, so seine Aussage, dann müsste man den Vertrag mit Gelnhausen fristgerecht kündigen und einen neuen mit dem Tierschutzverein Alsfeld abschließen. Er selbst hoffe, dass eine Annäherung möglich sei.
*Anmerkung der Redaktion: Als einen Pauschalvertrag versteht der Tierschutzverein Alsfeld eine bestimmte Summe – in diesem Fall 60 Cent – pro Einwohner, die die Stadt pro Jahr bezahlt.
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