Abtistreich 2016: Bericht mit Kommentar: Früher war mehr Streich dabeiWar das schon alles, liebe Abiturienten?
MEINUNG|ALSFELD (ls). Nach 13 Jahren Still Sitzen, Pauken und auf den Lehrer hören darf’s mal ein bisschen Chaos sein: Beim Abistreich herrscht an Gymnasien regelmäßig Ausnahmezustand. Eigentlich. Auch bei der ASS stand jetzt der Schabernack der Abschlussklasse an. Allein: Verglichen mit meinem Ende der Schulzeit, verlief das doch alles sehr gesittet. Wo war der Streich im Abistreich? Ein Bericht mit Kommentar.
Laute Musik auf dem Schulhof. Stühle und Tische auf den Dächern des Schulgebäudes. Die Zugangstür vollkommen verbarrikadiert. Die Schüler tummeln sich auf dem Schulhof vor dem Gebäude – feiern, tanzen, trinken – sie haben einfach ihren Spaß und feiern den Anfang vom Rest ihres Lebens, bevor sie in die Welt entlassen werden. Szenen wie diese sind außergewöhnlich und spielen sich meist nur einmal im Jahr ab. Pünktlich zum Abschluss der Schulzeit und dem bestandenen Abitur, finden in vielen deutschen Städten die Abistreiche der Abiturienten statt.
Auch an der Albert-Schweitzer-Schule in Alsfeld war am Dienstag für die frisch gebackenen Abiturienten der lang ersehnte Tag gekommen. Angeführt von einem großen Traktor, der mit einem Laken samt Aufschrift „Abi 2016“ gekennzeichnet war und einen Anhänger mit großen Lautsprechern und entsprechend lauter Musik hinter sich her zog, startete der Abiturienten-Konvoi um die Schüler der Sekundarstufe I zum gemeinsamen Feiern abzuholen.
Statt wie üblich auf dem großen Hof vor der Schule zu feiern, wurden die Programmpunkte aufgrund des schlechten Wetters in die große Pausenhalle der Sekundarstufe verlegt. Dort erwartete die Lehrer und die jüngeren Schüler bereits ein buntes Programm aus einem Bobbycar-Parcours, einem Filmquiz oder der Flachwitz-Challenge, das durch die Luftballon-gefüllten Klassenräume und dem Versperren der Treppen durch etliche mit Wasser gefüllte Plastikbecher komplettiert wurde. Ein echter Abistreich eben – oder fast, denn irgendwas war anders als zu früheren Zeiten.
Was ist aus dem guten, alten Abistreich geworden?
Egal bei welchem Wetter, damals man feierte draußen vor dem Schulgebäude und verbarrikadierte die Türen mit Stühlen und Tischen – sollten die doch auf dem Schuldach gelandet sein – benutzte man eben Absperrband, um nach Möglichkeit jegliche Art von Unterricht zu verhindern. Damals heißt übrigens 2011, in dem Jahr habe ich die ASS mit meinem Abi in der Tasche verlassen.
Die Klassen, die an diesem Tag tatsächlich zum Lernen gezwungen wurden, holte man mit lauter Musik und viel Tamtam aus den Klassenräumen. Draußen gab es eine Bühne samt Anlage aus der laute Musik kam, zu der gefeiert, getrunken und gelacht wurde. Wann und wo es losging, wurde natürlich geheim gehalten. Und wenn die Schulleitung unbedingt den Tag wissen wollte, an dem alles geplant war, sagte man eben Dienstag, nur um am Montag in der früh zuzuschlagen und das Überraschungsmoment auf seiner Seite zu haben.
Auch bei uns gab es harmlose Spiele für und gegen die Lehrer – man muss sie auf den Arm nehmen können, nachdem man immerhin fast neun Jahre nach ihrer Pfeife getanzt ist. Jeder war zu diesen Abistreichen willkommen – bereits abgegangene Jahrgänge, jüngere Jahrgänge, die Lehrer, die Schulleitung, sogar Leute, die gar nicht auf die ASS gingen, waren dabei. Man freute sich über jeden, der mit uns unseren Schulabschluss feierte – aber deswegen wurde noch lange kein „Schulfest“ für die jüngeren Jahrgänge veranstaltet.
Wir machten, worauf wir Lust hatten und genossen unsere neu erworbene Freiheit. Wir feierten bis Abends und zogen danach weiter durch die Stadt – das war unser offizieller Abschied von der Schule – unsere Belohnung für harte Arbeit und schweres Denken. Um 11 Uhr, als dieses Jahr der Abistreich schon so gut wie zu Ende war, fing der Spaß bei uns erst richtig an.
Alkohol? Natürlich gab es für die Abiturienten auch Alkohol an diesem Tag – ob das wirklich erlaubt war oder nicht, weiß ich nicht. Es wurde einfach gemacht und auch von der Schulleitung geduldet. Nie ist es ausgeartet. Toilettenpapier wurde durch die ganze Schule verteilt. Wasserbomben wurden von den Dächern geworfen und da eh schon alle nass waren, wurden auch direkt Mehlbomben hinterher geschmissen, um die Sauerei perfekt zu machen.
Als Streiche noch Streiche waren
Hunderte, wenn nicht sogar tausende mit Wasser gefüllte Plastikbecher wurden auf den Treppen aufgestellt. Türgriffe wurden mit Zahnpasta oder Senf beschmiert und deutlich über 100 Luftballons wurden aufgeblasen. Die Kleinigkeiten gab es auch in diesem Jahr – aber richtige Streiche durften dabei wohl nicht gemacht. Ein junger Abiturient sagte, dass sie eigentlich noch viel mehr vorgehabt hätten, es aber durch die strengen Vorschriften der Schulleitung nicht durchsetzen konnten.
„Den Abistreich kann man sich heutzutage echt sparen“, resümierte er. Aber ist ein Streich überhaupt noch ein Streich, wenn er vorher erlaubt werden muss? Ist ein Streich nicht dazu da, die Ordnung zu stören und Regeln zu biegen?
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Szenen wie in Köln, wo Abistreiche die letzten Jahre in regelrechte Gewaltorgien zwischen verfeindeten Schulen ausarten, will niemand in Alsfeld sehen. Aber ein wenig die gesteckten Grenzen austesten, um die Obrigkeit in Gestalt der Schulleitung zu ärgern, das ist und bleibt nun mal die Seele eines Abistreichs. Nur so kann ein gut gemeintes, fröhliches Chaos der jugendlichen Freiheiten entstehen, bevor der viel zitierte Ernst des Lebens beginnt. Es scheint allerdings, als seien Jugendliche heute teilweise zu angepasst und brav, um das verstehen zu können. Schade eigentlich.
Ich weiss aus erzählungen meines vaters jahrgang 1934 der in einem kleinen städtchen in bayern sein abi machte man hat damals das skelett aus dem biounterricht namens weiss ich leider auch nicht mehr am galgen aus einem
Fenster des gymnasiums gehangen.
Oder an meinem gymnasium wurden allee zugänge zugemauert.
Ich will nicht für randale oder zerstörung plädieren aber ein bisschen
Einfallsreichtum soĺlte man schon noch an den tag legen
Schön geschrieben!