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Die Alte Apotheke in Homberg/Ohm feiert ihr 300-jähriges Bestehen – Ein RückblickDas Privileg des Landgrafs machte den Anfang

HOMBERG/OHM (aep). Es ist ein Zeitraum für einen Betrieb, bei dem man weit ausholen muss. Die USA waren noch nicht gegründet, Napoleon Bonaparte war noch nicht geboren und Friedrich der Große noch ein ganz kleiner Junge, als in Homberg an der Ohm der Apotheker Johann Ludwig Müller das Recht zuerkannt bekam, eine Apotheke zu gründen. Die gibt es heute noch: Alte Apotheke heißt das Haus passend und kann am 1. Juni sein 300-jähriges Jubiläum feiern. „Es war damals noch alles anders“, erzählt Inhaber Jürgen Mast, der 1976 die Apotheke übernahm

 

Er meint nicht einmal die 300 Jahre, die seit der Gründung vergangen sind, sondern die Jahrzehnte, seit er die Alte Apotheke in der Frankfurter Straße übernahm– vor fast 40 Jahren. Die Arbeit des Apothekers sah damals gänzlich anders aus, erzählt Jürgen Mast: „Damals wurden viele Rezepturen verschrieben. Die Ärzte gingen abends los“ – und dann kamen die Leute mit den Rezepturen, die er als junger Apotheker zusammen mit einem Partner manchmal noch in derselben Nacht herstellen musste.

Heute heißt es meist: Schublade auf und zu – Beratung, Verkauf. Das sah auch noch zu Zeiten des jetzigen Inhabers anders aus. „Apotheker, das war ein Handwerk!“ Ob Husten- oder Verdauungssäfte: „Früher sind die Medikamente weitgehend selbst hergestellt worden“, erinnert sich der Apotheker. Heute kommt meist nur noch einmal in der Woche ein Auftrag zur Mischung eines Heilmittels – und bereitet die meiste Arbeit mit der gesetzlich geforderten Dokumentation. „Alleine dafür brauchen wir eine halbe bis eineinhalb Stunden“, schimpft Jürgen Mast. Dafür seien de Abrechnungen mit den Krankenkassen doch einfacher geworden.

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„Apotheker war ein Handwerk: Jürgen Mast“ führt durch sein Lager, wo immer noch die alten Fläschchen stehen. Foto: aep

Landgraf Ernst Ludwig verlieh 1715 das Privileg

Und ganz früher, als die Alte Apotheke gegründet wurde, galten noch ganz andere Bedingungen – aber auch eine Regel: Apotheker hatten die Pflicht, auch den Armen zu helfen, geht aus der Gründungsurkunde hervor. Jürgen Mast ist ein wenig stolz auf das Jubiläum und denkt darüber nach: „Es ist merkwürdig, dass ausgerechnet Homberg das Privileg bekam“. Das sei ein Indiz dafür, dass Homberg damals einflussreich war. Den Start machte der Landgraf Ernst Ludwig.

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So sah der Verkaufsraum noch vor wenigen Jahrzehnten aus. Die 100 Jahre alte Registrierkasse steht heute im Keller.

In seinem Bestreben, auch in den kleineren Städten seines Landes eine Verbesserung der Gesundheitspflege und Hygiene herbeizuführen, erteilte der Landgraf am 1. Juni 1715 dem Apotheker Johann Ludwig Müller das Privileg zum Betrieb einer Apotheke.

In dem Privileg wird Apotheker Müller angewiesen, die zur Versorgung der Bevölkerung nötigen »Medicinalia und zu anderen Curen dienliche heilsame Medicamentis« jederzeit vorrätig zu halten und »dem Armen sowohl als dem Reichen« zu verkaufen. Die Liste der Inhaber seither umfasst ein Dutzend Apotheker-Namen und ist damit fast lückenlos. Ende des Zweiten Weltkrieges zog die Apotheke vom Marktplatz in die Frankfurter Straße um, wo sie sich Apotheke auch heute noch befindet.

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Kenner können es lesen: In dieser alten Schrift wird das Gründungsdatum bezeugt.

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Zwölf Apotheker bilden die 300 Jahre lange Reihe

Folgende Inhaber gab es in der Alten Apotheke: 1715 Ludwig Müller / 1774 Johann Christoph Rössing und Heinrich Otto Anebdd / 1813 Heinrich Münch / 1859 Sohn Karl Münch / 1876 Gustav Hunrat / 1906 Philipp Nöll / 1908 Leo Julius Soplus Suffeert / 1937 Otto Julius Heinrich Suffert / 1951 Lieselotte Suffert / bis 1972 Krista Funk

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Im September 1976 übernahm der vom Bodensee stammende Apotheker Jürgen Mast die Apotheke von Christa Funk. Vier Jahre später wurde die Apotheke um eine Drogerie erweitert und grundlegend modernisiert. Ebenso kam eine Fotofachabteilung hinzu.
Durch umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen wird die Apothekenausstattung seitdem auf dem neuesten Stand gehalten um den Kunden mit Rat und Tat bei Gesundheitsfragen zur Seite zu stehen. Persönliche Beratung, ein kostenloser Botendienst oder auch die Versorgung von Angehörigen und Patienten in den nahe gelegenen Pflegeeinrichtungen gehören ebenso zu den Serviceleistungen, wie eine für den Urlaub nötige Reise- und Impfberatung.

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Es hat sich vieles verändert in dem Beruf – auch zu seiner Zeit. Apotheker Jürgen Mast erzählt in seinem Büro.

„Ich wünsche mir, dass sich unsere Patienten und Kunden bei uns wohlfühlen, gut beraten werden und sichere Arzneimittel bekommen“, so Jürgen Mast. Seiner Frau Carolina liegt dabei besonders am Herzen, dass der Kunde noch mit seinem Namen angesprochen wird, da dies zum vertrauensvollen Umgang mit den überwiegend erkrankten Menschen beiträgt.

Der Fortbestand ist gesichert – Stehempfang am Montag

Auch die Welt der Arznei- und Heilmittelkunde befindet sich in dieser schnelllebigen Zeit im Wandel. Die zweite Mast-Generation bildet sich im biotechnologischen, betriebswirtschaftlichen und pharmazeutischen Umfeld fort oder hat sich dort bereits etabliert.
Auch in Zukunft bleibt damit der Fortbestand der individuell geführten Apotheke vor Ort gesichert. Die Gesundheit des Kunden steht bei der Eigentümerfamilie an erster Stelle – die Alte Apotheke bleibt damit in der Stadt Homberg weiterhin der Ansprechpartner für alle Fragen rund um moderne Arznei- und Pflegeprodukte zu günstigen Konditionen bei kompetenter Beratung.

Gefeiert wird das große Jubiläum mit den Kunden gemeinsam – und zwar am Montag, 1.Juni, ab 9 Uhr mit einem kleinen Stehempfang.

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