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Segway-Fahren im Selbstversuch: von einer Fahrstunde mit FreudeLeicht vorbeugen, und der Spaß geht los

ALSFELD. Die schwierigste Frage, die mich schon immer bewegte, wenn ich die Dinger vorbei rollen sah, beantwortet Thomas Niggenaber am einfachsten: Hightech! Es ist eine fantastische Technik, die ein Segway in der Senkrechte hält – und damit den Fahrer obenauf. Mensch muss gar nicht balancieren. Und so macht es einfach riesig Spaß, einen dieser zweirädrigen Transporter zu fahren. Das ist das Ergebnis eines Selbstversuchs, zu dem der Lauterbacher in Alsfeld eingeladen hat: 15 Minuten Einweisung, eine Stunde Gaudi.

Erst vor kurzem machte Thomas Niggenaber in Alsfeld von sich reden, weil er den Service jetzt auch über das Alsfelder Tourist Center anbietet. Seine Firma Segemotions ist  in Lauterbach angesiedelt, doch kann man die Segwyas inzwischen in vielen Vogelsberger Orten für touristische Touren buchen. Was liegt näher, als den Inhaber anzurufen: „Kann ich mal testen?“ Kein Problem, sagt der 34-Jährige und bringt zum Termin gleich mehrere Geräte mit.

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Erste Stehübung: Es geht, die Elektronik hält das Gerät aufrecht.

Wie sie da so auf einem Plastikfüßchen abgestützt auf dem Parkplatz stehen, machen sie gar nichts her, die beiden Segways vom Typ I2, mit denen wir Alsfeld unsicher machen wollen. Thomas – „Auf dem Segway sind wir beim Du!“ – grinst, holt eine kleine Fernsteuerung aus der Tasche am Lenker und drückt auf einen Knopf: Ein feines Summen kündet vom Erwachen der Motoren zu Füßen. Blinklichter erheischen Aufmerksamkeit. Leuchten sie grün, steht der Segway aufrecht: „Jetzt kannst du draufsteigen“, sagt der Fachmann, bremst zugleich Forscherdrang: „Aber erst zeige ich dir, wie das geht.“

Die Einweisung gehört zur Segway-Tour bei ihm dazu. So ein Gerät hat zwei kräftige Motoren: 1,5 PS an jedem Rad. Dazwischen befindet sich das wichtigste Teil: der Neigungssensor, ein Stück Hightech. 100 Mal pro Sekunde ermittelt die Gyrotechnik die Neigung und hält das Segway über Steuerbefehle an die Räder aufrecht. Auch mit dem 90 Kilogramm schweren Mann drauf. Der hat ganz nach Anweisung die Füße schön mittig auf die Plattform gestellt, einen Moment Luft geholt und sich ganz draufgestellt. Zweimaliges Vor- und Zurückwippen zeigt: Ich versuchte zu korrigieren, was nicht nötig ist, die Balance. Einfach stehen! Das Gerät macht den Rest.

 

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Päuschen auf dem Marktplatz. Thomas Niggenaber hält das Segway fest, weil es sonst langsam vorrollen würde.

Erste kleine Fahrversuche mit dem Lehrer daneben vermitteln Vertrauen, und dann geht es alleine: Jawoll, ich fahre Segway, und es ist einfacher als gedacht. Wichtigste Grundregel ist, Vertrauen in die Steuerung zu haben – und kleine Hindernisse mit locker gebeugten Knien anzugehen. Eine Viertelstunde nur, und dann löst Thomas die Temposperre: Nun können wir mit bis zu 20 Stundenkilometer fahren – eine tolle Sache!

Das fand auch Thomas Niggenaber, als er 2012 zum Ersten Mal mit einem Segway in Berührung kam. Da gab es die Dinger in Deutschland noch viel weniger als heute, und er staunte, als er beim Hessentag in Wetzlar welche fahren sah: „Das wäre doch was für den Vogelsberg!“ Der angestellte Betriebswirt erkundigte sich nach dem Vertrieb und bestellte gleich einen ganzen Stall Geräte: „Ich wollte Segway fahren.“ Auf die Weise machte er sein Hobby erschwinglich: mit einer Firma, über die Segway-Touren gebucht werden können. „Aber es ist auch heute noch mein Hobby.“

Da steckt durchaus unternehmerisches Risiko drin: So ein Teil kostet voll ausgerüstet rund 9000 Euro, worin auch der Grund liegen dürfte, dass Segways entgegen erster Prognosen noch nicht zum allgemeinen Straßenbild gehören. Aber man kann sie halt buchen, und Thomas Niggenaber verbindet das reine Fahrvergnügen gleich mit Sightseeingtouren in mehreren Städten. Die meisten Fahrten unternahm er in diesem Jahr in Schotten, ein paar in Wartenberg, wenige in Lauterbach – ist neuerdings auch in Alsfeld aktiv. Seine Erfahrung: „Die Leute wollen vor allem fahren.“

Das kann ich gut verstehen, als wir an der Klostenmauer entlang in  Richtung Erlenpark steuern. Den Körper leicht nach vorne neigen, und schon saust mein Segway los. Körper zurücknehmen: Es bremst. Nach hinten neigen: Es rollt rückwärts. Die Lenkstange lässt sich nach links und rechts neigen – entsprechend dreht das Gerät. So einfach, so spaßvoll. Spannend wird es aber an den Steigungs- und Gefällstrecken im Erlenpark: Da muss ich noch mehr Vertrauen in das Gerät stecken. Ordentlich vorneüber beugen: Ich falle nicht, das Segway rollt mit seinen drei Pfederstärken zügig die Steigung hoch!

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Geschafft: Auch die Kante der Brücke im Erlenpark ist überwunden!

 

Aber vorsicht, warnt mein Fahrlehrer. Nach einer halben Stunde Fahrt neigt man zur Selbstüberschätzung, produziert Fahrfehler, weiß er aus Erfahrung. Nein, echte Unfälle hatte er noch nicht, sagt er. Vielleicht auch, weil sein Publikum – etwas unerwartet – vor allem im gesetzten Alter von 50 oder mehr Jahren ist. Und es sind nicht die Alten, bei denen er sorgenvoll zuschaut: „Die schwierigste Zielgruppe“, lacht Thomas, „sind männliche Kinder um die 40.“ Die trauen sich alles zu – und überschätzen ihre Fahrkünste am ehesten.

Fulder Tor hoch, in die Altstadt, über den Marktplatz, und inzwischen macht mir der holprige Untergrund nichts mehr aus. Viel zu schnell sind wir an der Redaktion von Oberhessen-live angekommen, wo noch ein Gespräch wartet.

Wie ich mich denn geschlagen habe, will ich wissen. So im Mittelfeld seiner Kundschaft, zeigt Thomas sich diplomatisch. Ist okay. Er erklärt: Sportliche Menschen mit Körpergefühl kommen auf dem Segway am schnellsten zurecht. Tänzer zum Beispiel lernen die Handhabung ganz schnell.  Und Kinder: „Die muss man nur draufstellen, dann geht das.“ Kinder dürfen damit allerdings nicht auf öffentlicher Straße fahren: Das geht erst ab 15 und mit mindestens Mofa-Tauglichkeit. Und ich merke: Es hat gezündet. Ungern gebe ich das Segway zurück. Sicher ist: Das war nicht meine letzte Fahrt mit so einem Ding.

Axel Pries

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