SERIE: Sagen Sie mal! – Stadtbrandinspektor Eilts am Jahrestag des "Bückingbrands"„Der Brand begleitet mich noch heute“
ALSFELD. Es gibt Menschen in der Region, die man irgendwie kennt, Menschen, die für Ansichten und Einsichten stehen – Menschen, die man schon immer mal was fragen wollte. Oberhessen-live tut das in einer neuen Serie: “Sagen Sie mal…” Als Sechster in der Reihe gibt Michael Eilts Einblicke – und zwar aus Anlass des Jahrestags vom „Bückingbrand“, der am heutigen 31. Juli um 5.09 Uhr vor einem Jahr seinen Anfang nahm. Der Alsfelder Stadtbrandinspektor, 47 Jahre alt, verheiratet, Vater dreier Kinder und von Beruf Account Manger Mobilkommunikation bei der Telekom, über Ängste beim und Lehren aus dem Riesenbrand vor einem Jahr. Und über die Notwendigkeit von Feuerwehr.
Sagen Sie mal, Herr Eilts,
wie lange hat dieser Riesenbrand Sie noch im Schlaf verfolgt, nachdem die Flammen endlich gelöscht waren?
Der Brand begleitet mich noch heute, lässt mich aber deswegen nicht schlechter schlafen!
Wenn ich sehe, was im Ceka Werk 2 eingelagert wird, kraust es mich schon ein wenig.
Bis heute gibt es kein gültiges Brandschutzkonzept. Mein Anruf im ersten Quartal 2014 beim Brandschutzaufsichtsdienst hat den Stein wieder ins Rollen gebracht. Ich stelle mir immer wieder die Frage, was war denn nun eigentlich alles eingelagert in diesen Hallen? Immer wieder denke ich über die 100.000 Euro nach, welche bei der Stadt und dem Bürger für Sonderlöschmittel hängen bleiben! Es ärgert mich, dass man so leichtfertig mit der Sicherheit der Anwohner und der Einsatzkräfte umgegangen ist!
Gab es während des dreitägigen Einsatzes einen Moment, in dem Sie Angst um Ihre Einsatzkräfte hatten?
Ja, da gab es viele! Manfred Dressler und Mathis Kruse auf der Drehleiter! Florian Borchard, einsam und verlassen kühlt er Drehleiter und Tanker. Oft sehe ich Daniel Schäfer und Michael Schmidt vor mir, wie Sie nach einem Riesenknall in schwarzem Rauch verschwinden und einen kurzen Augenblick später rußgeschwärzt hinter einem Fahrzeug der CAS wieder auftauchen.
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Lesen Sie dazu auch: Der Feuerwehrmann Mathis Kruse auf der Drehleiter über dem Flammenmeer: „Es war irre heiß!“
Und: „Wie ein flammendes Inferno seinen Lauf nahm“
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Meine Tochter und Benjamin Runkel auf dem Weg zum Innenangriff! Die Krämer-Mädels mit ihren Hitzeschutzanzügen, wie Sie hinter einer Mauerecke stehen und das Nachbargebäude vor dem Flammenübersprung bewahren. Hans Joachim Röhrig und unser Einsatzleitwagen – zwischenzeitlich dachte ich wir müssten die Kameraden evakuieren und das Fahrzeug aufgeben. Ja, es gab einige Momente und ich bin glücklich darüber, dass alles so glimpflich ausgegangen ist!
Was war – abgesehen von der reinen Dimension des Brandes – die größte Schwierigkeit, mit der Sie als Feuerwehrleute zu kämpfen hatten? Ist eine Freiwillige Feuerwehr überhaupt für die Bekämpfung solcher Extrem-Brände ausgerüstet?
Beim Eintreffen schien alles nach Standard auszusehen, dass das der Beginn eine Infernos sein sollte, ist bis heute immer noch unglaublich! Das größte Problem war es, nicht zu wissen, was uns in diesem Gebäude erwartet, die rasende Geschwindigkeit, in der sich das Feuer ausgebreitete und der enorme logistische Aufwand, das Wasser an die Einsatzstelle zu bekommen. Wir mussten darauf zu achten, dass wir die Brandreserve des Hochbehälters nicht angreifen, die Verunreinigung der Kläranlage durch das Löschmittel stellte uns vor ein Problem genauso wie Paralleleinsätze in der Geschwister Scholl Schule und der Hochstraße.
Entscheidungen mussten im Minutentakt getroffen werden! Wann kommen die angeforderten Einheiten von THW, DRK und den Nachbarwehren, wann kannst du mit welchem Material an der Einsatzstelle rechnen? Die Lage veränderte sich so schnell wie uns das Feuer davon lief, manche Entscheidungen waren, bis sie zum Tragen kamen, schon wieder überholt und durch andere ersetzt. Das Ziel war es, den Schaden soweit möglich auf das Brandobjekt zu begrenzen und das ist uns gelungen.
Nein, wir sind für solche Lagen nicht gerüstet! Ja, wir sind gut ausgerüstet und können uns den meisten Situationen die wir zu erwarten haben stellen! In keinem Gesetz in keiner Dienstvorschrift oder Verordnung wird von so einem Fall ausgegangen. Der vorbeugende Brandschutz sollte solch ein Inferno eigentlich verhindern.
Wenn Sie den damaligen Brand nehmen – und dazu die heutige Diskussion über den neuen Feuerwehrstützpunkt gegenüberstellen: Ist das Ereignis Bestätigung für das aufwendige Feuerwehr-Konzept, dem die Planung zugrunde liegt?
Der Brand spielt keine Rolle bei der Planung zur Wache. Ich hoffe aber, dass es die Einstellung einiger Menschen zur Feuerwehr verändert hat.
Die Feuerwehr muss und wird sich verändern, ob mit oder ohne Bücking. Seit Jahren ist mir klar dass wir einen Veränderungsprozess durchlaufen werden! Es ist die Aufgaben in meiner Amtszeit, die Feuerwehr dahin zu führen und den Weg zu bereiten. Die neue Feuerwache bietet den Kameradinnen und Kameraden die beste Möglichkeit auf die veränderten Anforderungen zu reagieren und diese zu meistern.
Gibt es eigentlich eine Lehre, die Sie speziell aus diesem Großfeuer gezogen haben? Würden Sie bei vergleichbaren Katastrophen etwas anders machen als an in jenen Tagen?
Pflege einen guten Umgang mit all deinen Kameraden, den Hilfeleistungsorganisationen und besonders mit deinen Nachbarwehren!
Wir haben unseren Alarmplan angepasst, bei einem Brand als Großschadenslage wird das THW und der GABC Zug automatisch mitalarmiert. Wir werden gemeinsame Übungen mit dem THW forcieren, um voneinander zu lernen und die Schnittmengen zu ermitteln. Wir haben das die Tage bei dem Einsatz in der Untergasse erlebt. Das THW hat Spezialisten im Bereich technische Hilfeleistung Bau, somit wird das THW bei drohender Einsturzgefahr ebenfalls sofort mitalarmiert.
Kein Feuer gleicht dem anderen, unsere Planungen auf einen Bücking Brand aufzubauen, wären überdimensioniert. Sicher würden wir einige Veränderungen vornehmen, dass führt hier aber zu weit und betrifft in der Hauptsache die technische Einsatzleitung. Unser Konzept zur Gefahrenabwehr in Alsfeld und Stadtteilen steht und ist aufgebaut auf eine fundierte Gefahrenanalyse unserer Stadt. Alles andere wäre, wie schon erwähnt, überdimensioniert!
Wird ihnen manchmal mulmig angesichts der Millionensummen, die Sie in Form von Gerät und Gebäuden verwalten und mitverantworten?
Nein, definitiv nein. Ich verwalte in meinem Job 6,5 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Auch hier habe ich gelernt dass alle Entscheidungen, die man trifft, nie zum Schaden des Unternehmens führen dürfen. Wir haben sehr viel Zeit in den letzten Jahren in einen Bedarfs- und Entwicklungsplan investiert und haben alle Stellen ob Stadt, Kreis und Land unsere Überlegungen zur Beratung zur Verfügung gestellt! Unser Fahrzeug Konzept ist schlüssig unsere Beschaffungen wurden sogar vom Land als Vorbildlich und Zukunftsweisend eingestuft.
Wir haben auf Grundlage unserer gesetzlichen Aufgaben und in Zusammenarbeit mit dem Stadtbauamt Funktionen welche n der Feuerwache abgebildet werden müssen definiert. Der Architekt hat auf Grundlage seiner fachlichen Kompetenz daraus einen Funktionsbau erstellt, der für mich Hand und Fuß hat. Solange es Freiwillige gibt die 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag für die Sicherheit dieser Bürger da sind, ist dies gut investiertes Geld in den Schutz unserer Bürger und Gäste.
Einsätze rund um die Uhr – ständige Einsatzbereitschaft. Warum macht man so einen Job, wenn es doch einfachere gibt? Ist es die wiederkehrende Bewährungsprobe, die lockt? Die potenzielle Gefahr, die wichtige Aufgabe, die Kameradschaft in Team – oder von allem etwas?
Ich bin ein Vereinsmeier schon immer gewesen. Mir macht es Spaß in der Gesellschaft anderer zu sein und gemeinsam etwas zu bewirken! Als Heranwachsender war ich im DLRG aktiv. Bis 1994 habe ich Fußball gespielt, ich bin Mitglied im Schützenverein, habe versucht Tischtennis zu spielen und war auch einige Jahre politisch im Ortsbeirat Eudorf und in der Stadtverordneten Versammlung Alsfeld aktiv. Stadtbrandinspektor zu sein lässt keine andere Geliebte nebenher zu. Wenn ich mein Grundstück verlasse bleibe ich doch immer zuhause, die Stadt Alsfeld ihre Stadtteile und die Menschen liegen mir am Herzen.
Ich sehe mich nicht als den Mann am Strahlrohr und auch nicht als den ersten bei der Menschenrettung vielmehr könnte ich bei vielen Einsätzen zuhause bleiben und die Führung den Wehführern, den Zug und Gruppenführern überlassen. Ich fahre mit um mir ein Bild zu machen wie die Kameradinnen und Kameraden arbeiten. Ich möchte Anwesend sein wenn es Problem gibt. Ich möchte Lob aussprechen wenn es gut gelaufen ist und ich möchte Trost spenden wenn sich jemand während eines Einsatzes schlecht fühlt. Das gleiche gilt aber auch für die Geschädigten. Mit ein paar Worten ablenken vom Schaden mit ein paar Worten dafür Sorgen tragen, dass der Blutdruck sinkt und die erste Aufregung schwindet. Ich freue mich immer wieder wenn wir die Einsatzstelle verlassen und die Minen der Menschen sich etwas aufhellen und sie uns mit einem freundlichen Wort verabschieden.
Ich muss wissen was passiert ob bei Übung oder Einsatz. Nur dann bin ich in der Lage effektiv Entscheidungen zu treffen. Ich muss dafür sorgen, dass die Mannschaft optimal aufgestellt und ausgerüstet ist für ihre oftmals schwierige Arbeit. Ich muss begründen können warum augenscheinliche teure Ausrüstung beschafft werden muss, warum Menschen mit Führerscheinen benötigt werden, dass Schutzkleidung veraltet ist, dass Probleme im vorbeugenden Brandschutz abgestellt werden. Nur so bin ich in der Lage dies gegenüber Magistrat und Stadtparlament zu vertreten.
Die Fragen stellte Axel Pries
Hallo Marco.
Ich vertrete die Meinung, dass Frau Wahl vielleicht das verkehrte Wort gebraucht hat, ebenso wie der Redakteur die Frage hätte stellen müssen; Was sind die Beweggründe der jungen Leute, die Ihre Freizeit, Gesundheit und auch Leben in den Dienst der Feuerwehr stellen?
Ich glaube, dann wäre es bestimmt besser gewesen. Es wären die Gründe der Motivation aufgezeigt worden, damit dadurch andere junge Menschen ihren Platz hinter den PC´s verlassen und aus ihrem Leben etwas sinnvolles machen. Hierbei ist der Dienst am Nächsten eine der bsten Möglichkeiten. Gerade in der Feuerwehrarbeit lernt man viel, nicht nur bei Notfällen zu helfen, sondern auch für sein eigenes Dasein.
So war Frau Wahl begeistert von der Kameradschaft, die unter den Feuerwehrleuten gepflegt wurde. Für sie war es nicht die Technik, sondern der Zusammenhalt und die Arbeit miteinander.
Das sind doch die Dinge, die heute von den jungen Leuten gesucht werden. Vorbilder, denen man nacheifern kann. Die Feuerwehr ist dafür das beste Beispiel. Ich wünschte so mancher Junge Mann oder auch junge Frau würde diese Zeilen lesen und sich sagen; Morgen melde ich mich bei der Feuerwehr als aktives Mitglied an und lasse mich zum Feuerwehrmann oder-Frau ausbilden. Damit ich in der Lage bin anderen in Not geratenen Menschen zu helfen.
Es gibt kein besseres Gefühl der Zufriedenheit als dass man einem anderen aus einer Gefahrensituation hilft oder ihm das Leben rettet.
Ich hoffe, ich konnte mit diesen Zeilen auch im Sinne der Feuerwehrleute sprechen.
Mit Sensationsneugier hat dieses Interview bzw. diese Frage nichts zu tun! Es geht vielmehr darum, welche Beweggründe jemand hat, sich als Feuerwehrmann zu engagieren. Eine völlig korrekte, im Sinne des Lesers interessante journalistische Frage! In dem gesamten Artikel gibt es nichts, was mit Sensationsgier zu tun hat. Wir sind hier ja schließlich nicht bei der Zeitung mit den vier Buchstaben. Und mit keinem Wort wird die Feuerwehr oder deren Arbeit kritisiert, im Gegenteil, wie alle Alsfelder weiß auch der Redakteur, dass die Feuerwehr nicht nur bei diesem Einsatz mehr als hervorragende Arbeit geleistet hat.
An den Redakteur dieses Online.Magazins gewandt, möchte ich ihm sagen, stillen Sie Ihre Sensationsneugier wo anders.
Feuerwehrleute benötigen keine dauerhaften Bewährungsproben, wie Sie es in einer Ihrer Fragen formulieren. Sie setzen sich auch nicht aus Plessier Gefahren aus, um Ihren Mut zu kühlen.
Oft genug kommen Feuerwehrleute bei Einsätzen ums Leben, weil sie Ihrer Verantwortung nachgekommen sind, anderen Menschen aus Notlagen zu helfen.
Allem Anschein weiß dieser gute Redakteur nicht, was es bedeutet Feuerwehrmann zu sein.
Sonst würde er nicht so dumme Fragen stellen.
Es ist nicht nur dass die Feuerwehrleute eine gut konstruierte Technik beherrschen müssen um im Einsatz genau das Richtige zu tun, nämlich andere Menschen vor Schaden zu bewahren und sie aus Lebensgefahr zu retten. Nein es gehört auch zum Dienst eines Feuerwehrmannes das eigene Leben und die eigene Gesundheit, die er jedes Mal, wenn es in den Einsatz fährt mit in die Waagschale wirft. Es weiß auch keiner der Feuerwehrleute, wenn sie ausrücken, um anderen zu helfen, ob sie gesund wieder nach Hause zu ihren Familien zurückkehren.
Gott sei Dank sind auch alle Feuerwehrleute nach dem katastrophalen Brand Bückung wieder gesund nach Hause gekommen, auch wenn der eine oder andere leichte Plessuren davongetragen hat.
Wir Menschen hier in Alsfeld können stolz auf die Freiwillige Feuerwehr sein. Denn diese Feuerwehrleute verstehen ihr Handwerk, auch wenn sie dem Großbrand Bücking ziemlich machtlos gegenüberstanden, weil die Gewalt des Feuers Dimensionen angenommen hatte, denen man nicht so schnell Herr wurde. Zudem war es der größte Brand in der Geschichte der Alsfelder Feuerwehr seit ihrem Bestehen.
Aber auf unsere Feuerwehrleute in Alsfeld und den Stadtteilen lasse ich nichts kommen, sie versehen ihren Dienst in hervorragender Weise.
Ich selbst bin heute noch ein wenig stolz Firefighter gewesen zu sein.
Viktoria Wahl
International Firefighter association
Sehr schöner Artikel. Aber wer hat denn da Korrektur gelesen???
Ich wünsche mir, daß es möglichst viele Jugendliche gibt, die sich an dieser Einstellung und diesem Verantwortungsbewußtsein ein Vorbild nehmen!