Besuch auf Hombergs malerischer Eisenbahnbrücke – Die Pläne haben Großes damit vorDer Viadukt wird Attraktion gleich zweier Wege
HOMBERG/OHM. Sie ist 148 Meter lang, bis zu 15 Meter hoch und schon richtig betagt: die Eisenbahnbrücke über die Homberger Ohm. Seit Jahrzehnten dämmert die Stahlkonstruktion im Dornröschenschlaf. Doch der dürfte bald vorbei sein. Denn der Eisenbahnviadukt spielt bei gleich zwei Rad- und Wanderweg-Projekten der Stadt eine wichtige Rolle, soll dafür saniert und zugänglich werden. Oberhessen-live durfte auf die Brücke rauf, um zu zeigen, was gemacht werden muss – wie schön die Stadt von da oben aussieht.
Hombergs Bauamtsleiter Armin Rühl klettert mit auf den Damm, der durch ein Gehölz aus jungen Bäumen zum Ziel führt. Er muss mitkommen, und den Gitterzaun öffnen, der die Brücke absperrt, damit niemand sie betreten kann. Glasscherben davor verraten: Der Weg zum diesem versteckten Ort ist nicht unbekannt. Rostig sieht die Stahlkonstruktion aus, etwas vorsichtig sind die ersten Schritte: Werden die Platten tragen? Aber die Sorge ist unbegründet. Der Viadukt ist mit dem Baujahr 1898 zwar schon 117 Jahre alt und lange nicht saniert worden, aber aus solidem Stahl wilhelminischer Zeit. Der trägt immer noch zwei Menschen.
Stählern ist auch der ganze Untergrund auf diesem sechs Meter breiten Weg über das Ohmtal, durchbrochen nur von den Schienen der seit über 30 Jahren stillgelegten Eisenbahnverbindung. Über diese Brücke sollen in den nächsten Jahren der lange geplante Radweg gen Gemünden und ein neuer Wanderweg verlaufen – mit der Brückensicht als ein Höhepunkt der Strecken.
Wer den Blick schweifen lässt – einerseits über die Flanke der Homberger Anhöhe und andererseits auf die lauschig ins Grün gebettete Sandmühle zu Füßen und ansonsten viele Baumwipfel – der ahnt, wie irgendwann einmal Radfahrer und Wanderer dort oben stehen und genießen werden. Aber das ist noch ein bisschen Zukunftsmusik.
„Hier muss einiges getan werden“, stellt der Bauamtsleiter fest. Die Schienen mitsamt der Holzschwellen kommen raus, wahrscheinlich auch die alten Stahlplatten. Neue werden gelegt und bekommen eine Art Gummiüberzug, damit sie griffiger sind. Asphalt, so erklärt der Fachmann, wäre zu schwer. Nicht mehr zeitgemäß sind die gerade mal hüfthohen Geländer an den Seiten, und vor einer Freigabe muss auch die Statik noch einmal gecheckt werden. Immerhin: Die letzte Sanierung der Brücke war den Aufzeichnungen zufolge in den 1960-er Jahren – vor einem halben Jahrhundert.
Das alles wird aber weder in diesem noch im nächsten Jahr stattfinden. Der große Bahndamm-Radweg gibt das Tempo vor. Da könnte in diesem Jahr noch der Bewilligungsbescheid für den ersten Teilabschnitt von drei Kilometern Länge ab Nieder-Olfeiden kommen, aber bis zum zweiten Abschnitt, der das weitere Stück bis zur Kamax enthält – mitsamt Viadukt – werden noch zwei, drei Jahre ins Land gehen. Der dritte Abschnitt reicht dann bis Gemünden.
„Himmel und Hölle“ führen über das Brückenbauwerk
Noch für einen zweiten Weg soll der Eisenbahnviadukt eine Attraktion werden: den neuen Wanderweg „Himmel und Hölle“ – der der mittlerweile berühmten „Schächerbachtour“ Konkurrenz machen könnte. Kaum jemand kann den Weg so gut beschreiben wie Hombergs Hauptamtsleiter Markus Haumann – war er doch von Anfang an bei der Planung in der Tourismuskommission dabei. Seinen Namen bekam der Weg von den schönen Aussichtspunkten (Himmel) und der „Teufelskanzel“, die der Weg im Wald passiert (Hölle).
Markus Haumann beschreibt die Route so:
„Der dritte große Homberger Wanderweg nach dem Premiumwanderweg „Sagenhaftes Schächerbachtal“ und der „GeoTour Felsenmeer“ beginnt wie auch die Schächerbachtour und die Schloss- und Altstadtrunde am Stadthallenplatz, der damit zentraler Punkt des ‚wunderbar wanderbaren‘ Hombergs wird. Auch deshalb ist der neue Wohnmobilstellplatz mit Ver- und Entsorgung an dieser Stelle platziert worden.
Vom Stadthallenplatz über den Garten Thouaré verlässt der Weg nach der Boule-Bahn die Schächerbachroute und führt auf die Bahntrasse und unmittelbar darauf über das Eisenbahnviadukt. Von dort hat man einen atemberaubenden Blick sowohl auf die prächtige Sandmühle und die Ohm samt Mühlrad sowie gegenüber auf die Stadtsilhouette. Zum ersten Mal ist man im Himmel. Weiter führt der Weg auf der ehemaligen Bahntrasse bis zum Beginn der Seufzer Allee, einem schmalen und malerischen Pfad an der Ohm, dem vor vielen Jahren verliebte Pärchen ihren Namen gegeben haben. Wieder ruft der Himmel.
An der Ohmbrücke bei der Kamax endet die Seufzer Allee und man kann im Sommer einen Abstecher zum gegenüberliegenden Schwimmbad machen. Der Weg führt weiter zum Neuhaus und von dort zum Jagdhaus in Wäldershausen mit Blicken auf die Ohm und auf die Koppeln des Gestüts Wäldershausen. Am Jagdhaus kann man einem Froschkonzert lauschen und ins Naturschutzgebiet Ohmaue-Igelsrain blicken und dann den Weg durch das Gestüt Wäldershausen fortsetzen.
Kurz darauf gelangt man zur Hartschlucht und an deren höchstem Punkt zur Teufelskanzel und ist somit in der Hölle angekommen. Nach der Querung der Schlucht geht es dann wieder bergab und die Hartschlucht wird verlassen. Der Weg schwenkt durch den Wald wieder Richtung Homberg und man erreicht das Stadtpanorama am Waldrand unterhalb des Campingplatzes am Waldsofa, einem aus einem großen Stamm mit Motorsägen hergestellten Sofa, welches sogar Kissen aus Holz hat.
Die Hölle liegt hinter uns, man fühlt sich wieder im Himmel. Von dort geht es vorbei am Campingplatz mit herrlichem Blick auf die Stadt und den Schlossberg. Talwärts führt der Weg vorbei am REWE-Markt, vorher kann man die Gelegenheit nutzen, zum Güntersteiner Hof abzuzweigen. Gestärkt beginnt die letzte Etappe mit der Querung der Michelbach und dem Aufstieg zur Katholischen Kirche und der Wildnis dahinter. Wer zum Schloss möchte, kann kurz rechts abbiegen, der Weg selbst führt nach links und folgt dem Pfad in der Wildnis bis zur Hanglburg, dem wahrscheinlichen Ursprungs Homberg. Von da ist es ein kurzer Abstieg zurück zum Stadthallenplatz, wo die Reise begonnen hat und nun endet.“
Was so malerisch klingt, muss aber auch noch warten, schreibt Haumann, da unbedingt der Eisenbahnviadukt mit einbezogen werden soll. Er schließt: „Bis dahin bleiben wir auf der Erde.“
von Axel Pries
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