Thüringer Brauerei kauft Markenrechte an "Vogelsberger" Getränken - Eine Frage taucht auf: Hätte die Brauerei als Ganzes gerettet werden können?Bekannter Geschmack, aber mit neuem Namen
EXKLUSIV |ALSFELD. Wer den Geschmack von „Vogelsberger“ Iso, Apfelschorle oder Multi-Vitaminsaft mag, kann aufatmen. Eine kleine Brauerei aus Thüringen hat die Markenrechte der Softdrink-Reihe aus der Insolvenzmasse der Alsfelder Landbrauerei sowie die Abfüllanlage gekauft und will die Durstlöscher weiter herstellen – allerdings nicht mehr in Alsfeld und unter neuem Namen. Einzig fürs Vogelsberger Mineralwasser und ein, zwei Nischen-Limos gibt es keine Zukunft.
Zurzeit sind sie aus den meisten Läden der Region verschwunden. Die Produktion ist eingestellt, die Händler haben ihre letzten Vorräte an den Getränken der Marke Vogelsberger unters Volk gebracht. Ein Zustand, den Bernd Ehbrecht ändern möchte. Der 58-Jährige ist Geschäftsführer der Brauerei Neunspringe im thüringischen Worbis bei Leinefelde. Er hat die Markenrechte an den Vogelsberger Produkten sowie die Getränke-Abfüllanlage von der insolventen Alsfelder Landbrauerei erstanden. Für wie viel, das bleibt sein Geheimnis.
Mittlerweile ein historisches Dokument: Bierbrauen und Limoabfüllen in Alsfeld
„Unsere Eindrücke waren: Die Alsfelder und die Leute in der Region haben wirklich hinter den Vogelsberger Produkten gestanden“, begründet Ehbrecht seine Entscheidung. Er will die meisten anti-alkoholischen Erfrischungsgetränke der Alsfelder Brauerei weiter produzieren – allerdings nicht mehr in Alsfeld und unter einem neuen Namen. Die Abfüllanlage wird gerade abgebaut. Die großen Getränkehändler der Region hätten bereits signalisiert, die Getränke weiter vertreiben zu wollen.
Das neue Etikett wird weniger mit der Vogelsberger Region in Verbindung stehen. Vielmehr wird sie sich wohl an den bisherigen Limo-Marken der Neunspringe Brauerei orientieren. So sollen die Alsfelder Rezepturen besser im Stammgebiet der Thüringer ankommen. Man hoffe, so sagte Ehbrecht, dass auch die Alsfelder die Getränke trotz der neuen Erscheinung weiterhin kaufen und schätzen würden.
Zumindest die Flachen werden aber die gewohnten sein. Die Brauerei verwendet für ihre bisherigen Limos die gleichen Flaschen wie die Alsfelder und hat das Leergut deshalb mit übernommen. „Schon immer“ produziere der über 140 Jahre alter Betrieb in Worbis nicht nur Bier, sondern auch Limos, erzählt der Geschäftsführer. Der Verkauf der Softdrinks laufe „sehr erfolgreich“. Die Produktpalette der Alsfelder ist bis auf zwei Erfrischungen der Worbiser recht ähnlich.
Das Vogelsberger Mineralwasser und einige wenige Limos wird es nicht mehr geben. Mineralwasser darf nur Mineralwasser heißen, wenn es auch direkt am Förderort abgefüllt wird. Außerdem werde man die Produktion von Nischenprodukten wie dem Vogelsberger Blutorange nicht mehr weiter führen, da sich ihr Verkauf auch schon in Alsfeld nicht wirklich gelohnt habe. Laut Wikipedia wurden zuletzt 14 Limo- und Wassersorten unter der Marke „Vogelsberger“ in Alsfeld produziert.
Und dann hat Bernd Ehbrecht noch eine Überraschung parat. „Ich wollte eigentlich die gesamte Alsfelder Brauerei übernehmen und vor Ort weiter betreiben“, sagt er. Doch leider habe er nicht den Zuschlag für das „Bier-Paket“ erhalten. Der ging dafür nach Lauterbach. Allein die Vogelsberger Softdrinks in Alsfeld weiter herzustellen wäre nicht wirtschaftlich, sagt Ehbrecht.
Hätte die Brauerei also als Ganzes erhalten werden können? Die Insolvenzverwalterin Julia Kappel-Gnirs verteidigt ihren Schritt zur Aufteilung des Betriebs. Ihr Medienberater Pietro Nuvoloni sagte gegenüber Oberhessen-live: „Die Gläubigerbefriedigung steht an oberster Stelle der Insolvenzordnung.“ Natürlich versuche man zunächst einen Betrieb in Gänze zu erhalten, letztendlich entscheide allerdings das beste Angebot im Sinne der Gläubiger, schiebt Nuvoloni nach. Im übrigen habe auch ein Arbeitnehmervertreter der Brauerei im Gläubigerausschuss gesessen. Wer wie in einem solchen Ausschuss abstimmt, bleibt aber so wie hier in den meisten Fällen geheim.
Äußerungen aus dem Umfeld der Brauerei, die Insolvenzverwalterin Julia Kappel-Gnirs habe durch den Teilverkauf bloß versucht ihren eigenen Profit zu maximieren, wies der Medienberater zurück. „Das halte ich für reine Spekulationen“. Die Verwalterin sei dafür bekannt, den Erhaltungsgedanken voranzutreiben, so gut es gehe. Allerdings könne auch sie sich nicht über das Gebot der Gläubigerbefriedigung hinweg setzen.
Nach Informationen von Oberhessen-live hat sich auch für die Markenrechte des Hartmann-Apfelweines, die bislang ebenfalls bei der Alsfelder Landbrauerei lagen, ein Käufer gefunden. Die Verträge sind aber noch nicht in trocknen Tüchern.
Wann genau der Verkauf der Vogelsberger Produkte unter neuem Namen starten soll, ist noch unklar. Bernd Ehbrecht rechnet, dass sich für seine Brauerei der Verkauf innerhalb eines Jahres rechnen könnte.
von Juri Auel – mehr über den Autor
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