Alsfelder Bier in Lauterbacher Hand: Die neuen Eigentümer erzählen von ihren Plänen – Eine Traditionsfamilie setzt auf Brauerei-Tradition„Unsere Kraft gilt jetzt vorrangig dem Alsfelder Bier“
LAUTERBACH/ALSFELD (aep). Auf dem Hof der Lauterbacher Burgbrauerei einen Parkplatz zu bekommen, ist derzeit nicht einfach, steht das Gelände doch voller fremder Fahrzeuge – sämtlich mit dem Schriftzug „Alsfelder“. Es ist der Fuhrpark der Alsfelder Landbrauerei, der dort abgestellt ist, weithin sichtbares Zeichen großer Veränderung: Die Markenrechte des Alsfelder Bieres liegen nun in Lauterbach – für alte Alsfelder eine nicht einfach zu schluckende Tatsache. Aber das Alsfelder Pils soll Alsfelder bleiben, versprechen die neuen Herren – und erzählen im Gespräch, wie sie das meinen. Die Schlagworte dazu: Tradition und Kerngeschäft.
So entspannt, wie diese beiden Leute bereitwillig Auskunft geben, könnte man meinen, sie tun so etwas jeden Tag. Dabei haben Ulrich Klesper und seine Schwester Ruth Herget-Klesper gerade die Reste dessen erstanden, was über 150 Jahre lang Bierbrauerei in Alsfeld ausmachte. Der Sudkessel, den sie in Betrieb halten, bedeutet die Fortsetzung von sogar 600 Jahren Brautradition in Alsfeld – das blieb übrig nach der finalen Insolvenz der Landbrauerei Ende 2014, der alle Arbeitsplätze zum Opfer gefallen sind. Aber die Geschäftsführer der Lauterbacher Burgbrauerei aus der Domstadt Fulda zeigen sich optimistisch, dass es mit diesem Modell das Alsfelder Pilsener weiter geben wird. So etwas klingt überzeugend, wenn die Geschwister dazu erklären: Bierbrauen liegt bei ihnen schon lange in der Familie.
Brauerei-Familie seit mehreren Generationen
Tatsächlich steht der Name Klesper in Fulda bereits seit Generationen für die Biermarke Hochstift – seit der Ur-Großvater Ludwig Klesper im 19. Jahrhundert in die Fuldaer Brau-Familie Kramer einheiratete. Die Klespers sind auch bereits erfahren, was die Übername kriselnder Brauerei-Betriebe betrifft: 1987 übernahm man die Will Bräu im bayrischen Motten und zehn Jahre später auch die Burgbrauerei samt Auerhahn Bräu in Lauterbach. Dort haben die Klespers sich längst etabliert, und „der Generationswechsel ist vollzogen“, erklären die beiden 39 und 43 Jahre Geschäftsführer. Als dritte im geschwisterlichen Bunde betätigt sich auch Julia Klesper noch bierbrauerisch.
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Inzwischen ein historisches Dokument: Einblicke in die Alsfelder Landbrauerei
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Bei so viel Tradition klingt es nicht unecht, wenn Ulrich Klesper versichert, dass eine Motivation dieser eingefleischten Brauer für das Engagement in Alsfeld sei, das „Alsfelder Bier als Kulturbestandteil erhalten“ zu wollen. Und außerdem sei das Alsfelder Bier in der Region gut verwurzelt, also zu vermarkten. Deshalb erwarben die Investoren die Technik im Sudhaus, den Sudkessel also, um das Bier auch weiterhin in Alsfeld brauen zu können. Das macht dann ein alter Bekannter: der ehemalige Alsfelder Braumeister Josef Lichter, der in der Krise ein Angebot aus Lauterbach nutzte, um dort auf einen sicheren Arbeitsplatz zu wechseln. „Da wussten wir noch nicht, dass es so kommt“, versichert Ulrich Klesper.
Gelagert wird das frühe Produkt nach dem Brauprozess in Lauterbach, weil der Alsfelder Lagerkeller nicht gut sei. In Lauterbach wird das Bier dann auch abgefüllt. Das Versprechen der neuen Brauer lautet aber: „Wir wollen das Alsfelder Pilsner nicht nur auf dem Papier aufrecht erhalten.“
„Hauptaugenmerk wird der heimatliche Markt sein“
In einem kurzen Interview mit Redakteur Axel Pries erklären Ulrich und Ruth Klesper, was sie in Alsfeld mit der Biermarke vorhaben:
Frage: Warum haben Sie die Alsfelder Marke gekauft?
Ulrich Klesper: Weil wir die regionale Verwurzelung einer Biermarke in unserer Heimat auch für die Zukunft erhalten wollen. Und die Brautradition ist so wichtig für unsere Region, dass wir da unsere ganze Arbeit reinsetzen.
Frage: Das klingt sehr engagiert. Warum haben Sie nicht den Betrieb übernommen?
Weil der Betrieb in Alsfeld keine typische Btauerei ist, sondern eine Kombination aus Brauerei und Mineralbrunnen, und das eigentlich nicht unser Kerngeschäft darstellt. Wir kennen uns in dem Bereich auch nicht wirklich gut aus. Aus Gründen der Vorsicht haben wir gesagt: Da müssen wir getrennte Wege gehen. Wir betreiben nur das Sudhaus, und das leisten wir mit unserem eigenen Personal.
Mit Ihrem eigenen Personal, das heißt dann: ein Braumeister…?
…ein sehr erfahrener, der 26 Jahre in Alsfeld beschäftigte Herr Lichter, der sich sehr gut auskennt und die Alsfelder Brautradition verkörpert.
Tradition ist ja beim Bier ein gewichtiges Stichwort. Werden Sie denn das traditionelle Alsfelder Pilsner dem jüngeren Bio-Bier vorziehen?
Ja, für mich als Biertrinker ist natürlich das Alsfelder Pilsener als frischherbes Bier in jedem Fall den exotischeren Biobier-Sorten vorzuziehen. Ich denke, dass das Alsfelder Pils – und die anderen Alsfelder Sorten – keine weiteren Differenzierungen braucht, weil es einfach dem deutschen Reinheitsgebot entspricht und dadurch ein hervorragendes, natürliches Produkt ist, das von sich aus schon beste Qualität bietet.
Sie betreiben in Alsfeld nur das Sudhaus weiter. Ist das nun Traditionspflege oder wollen Sie vor allem die Marke glaubhaft vertreten?
Sowohl als auch. Sicherlich ist es auf der einen Seite eine Frage der Glaubhaftigkeit: Will man das regionale Bier weiter leben lassen, dann muss man natürlich auch gegenüber der Kundschaft glaubhaft bleiben. Der Schornstein vor Ort muss qualmen! Und jedes Sudhaus erzeugt seinen eigenen Bier-Geschmack – unabhängig von der Rezeptur. Daher ist das Sudhaus in Alsfeld für das Alsfelder Bier auch besonders relevant.
Sie sagen: Kerngeschäft ist das Pils. Die Alsfelder Brauerei hat aber die Bioschiene vorangetrieben. Wie halten Sie es denn grundsätzlich mit Bio?
Ulrich Klesper: Wir müssen das Bio-Bier als Sorte erst kennenlernen. Da haben wir nicht so viel Erfahrung mit. Wir werden uns das mit offenen Augen und Optimismus anschauen und dann nach einer gewissen Zeit entscheiden, wie es damit weitergeht. Das können wir zur Zeit noch schwer beurteilen.
Ruth Herget-Klesper: Hauptaugenmerk wird natürlich in absehbarer Zeit der heimatliche Markt sein: das Alsfelder Bier mit dem Alsfelder Land. Die Biobier-Schiene werden wir am Rande mit verfolgen. Unsere Kraft gilt jetzt vorrangig dem Alsfelder Bier.
Sie meinen das Kerngeschäft, von dem man sagt, es ist vernachlässigt worden.
Ruth Herget-Klesper: Genau!
Ulrich Klesper: Das ist das, was wir von unseren neuen Kunden in Alsfeld häufig gesagt bekommen: dass in den letzten Jahren der heimatliche Kunde etwas vernachlässig wurde. Da wollen wir eine Umkehr schaffen. Und wir hoffen, dass unsere Kundschaft in Alsfeld das zu würdigen wissen und dem Alsfelder Bier treu bleiben.
Demzufolge hätte ja die Alsfelder Brauerei in/mit der Insolvenz durchaus noch „Glück im Unglück“ gehabt!
Familienbetriebe hängen naturgemäß eher an ihrem Betrieb und versuchen meist alles „Mögliche und Unmögliche“, um einen Betrieb zumindest überlebensfähig zu halten, obwohl es naturgemäß auch dort „Nieten in Nadelstreifen“ gibt, die ein ererbtes Familienunternehmen „vor die Wand fahren“.
Leider ist tatsächlich viel zu oft zu beobachten, daß „von außen“ beigeholte Geschäftsführer hauptsächlich an ihrem Salär interessiert sind und ansonsten denken: „nach mir die Sintflut“