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Infotag für Blinde und Sehbehinderte – Thema: fehlerhafte Führungen – HilfsmittelFür Blinde sind die Hilfen oft ein Hindernis

ROMROD (aep). Es geht um mögliche Hilfsmittel für Sehbehinderte und Blinde, um Informationen auch für Angehörige beim 2. Informationstag, zu dem der Blinden- und Sehbehinderten-Bund für das letzte Wochenende im August nach Romrod ins Bürgerhaus einlädt. Es geht aber auch um ein Hindernis, dem Blinde sich täglich auf der Straße gegenüberstehen: den Hilfen für Sehbehinderte in den Gehwegen. Die bewirken nämlich häufig das Gegenteil dessen, was sie sollen, sagt Klaus-Dieter Böcking vom Blindenbund.

Es gibt im Grunde nur zwei verschiedene Bauelemente, die Sehbehinderten den Weg auf öffentlichen Straßen erleichtern und vor Gefahren warnen soll: eine Noppen- und eine Rippenplatte. Deren Anordnung ist aber maßgeblich für die Bedeutung bei Blinden – und ein Quell von Auseinandersetzungen zwischen Amtsvertretern und Bauingenieuren auf der einen Seite sowie Blindenverbänden auf der anderen Seite. Oder wie Klaus-Dieter Böcking es bei einem Pressegespräch mit der sehbehinderten Christa Haber und Romrods Bürgermeister Dr. Birgit Richtberg mit Blick auf den Informationstag ausdrückt: „Ich war erschüttert, was die da mit Steuergeldern in die Straße gebaut haben.“

Dem Thema widmet der Informationstag dann auch mit einem Symposium einen ganzen Abend. Ein Fachmann soll Licht ins Dunkel widersprüchlicher Vorschriften bringen, die zwei unterschiedlichen Richtungen folgen: dem „Leitfaden Hessen Mobil“ oder der „Din 32984“. Der Leonberger Dietmar Böhringer, eine Koryphäe auf dem Gebiet des blindengerechten Bauens, soll den Teilnehmern Anleitung geben (Freitag, 29. August, 19.30 Uhr).

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Laden zum Informationstag für Blinde und Sehbehinderte und Diabetiker mit beginnender Sehrschwäche ein: Christa Haber und Klaus-Dieter Böcking vor dem Bürgerhaus in Romrod.

Weit muss Böcking nicht reisen, um Stellen zu finden, an denen die Bemühungen der Straßenbauer mehr gut gemeint als gut seien. „Es gibt Haltestellen in Alsfeld, die sehen aus wie ein Übergang“, sagt er. Mit „sehen“ meint er die Wahrnehmung eines Blinden, der sich mit einem Stock den Gehweg ertasten muss. Längsrillen führen ihn, Noppenplatten verlangen Aufmerksamkeit, Querrillen gebieten Halt. Es gibt definierte Einstiegsfelder, Querungen Führungen. Auf die Weise sollten Blinde sich einen sicheren Straßenübergang ertasten können.

Indes: falsche Kombinationen oder Ausrichtungen führen Menschen ohne Sicht an manchen Stellen in die Irre – unter Umständen direkt auf die Fahrbahn. „Lauterbach ist  gefährlich“, stellt Christa Haber fest. Da habe ihr am Bahnhof einmal ein Lokführer geholfen, der dafür den Zug ein paar Minuten stehen ließ, damit sie sicher das Gelände verlassen konnte.Böcking zeigt ein Beispiel: Führungsrillen vor einem abknickenden Gehweg am Bahnhof lotsen Blinde direkt auf die Fahrbahn. Dass sie einen Knick im Gehweg andeuten, erkennt nur ein Sehender.

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Oft nur gut gemeint: die Anordnung der Führungsplatten für Blinde in den Gehwegen.

Aber auch Alsfeld hat Tücken. Da gebe es 40 oder 50 Querungen ohne Sperrfeld – angelegt von der Straßenverkehrsbehörde Hessen Mobil, die aber einen veralteten Leitfaden nutze. Besser sei die neue „Din 32983“, aber: „Hessen Mobil baut stur nach seinem Leitsystem. Man will helfen und verwirrt nur“.

Auch ein Fußgängerüberweg in Romrod enthält eine Tücke, verdeutlichen Christa Haber und Böcking später an der B49. Es sieht sinnvoll und aufwendig aus, was Blinden dort geboten wird. Aber es fehle die drei-Zentimeter-Kante, die dem Taststock anzeigt: Hier beginn die Fahrbahn – so wie meistens. An der Stelle beißen sich die Anforderungen für Sehbehinderte und Rollstuhlfahrer – weshalb eigentlich beide Anlagen nebeneinander  gebaut werden sollten. Rollstuhlfahrer würden bei Baumaßnahmen meist besser bedacht, denn die sind in der Öffentlichkeit präsenter.

Viele Informationen auch für Angehörige

Mit dem Informationstag möchte die 130 Mitglieder starke Bezirksgruppe Osthessen im Blinden- und Sehbehindertenbund aber auch einer Vielzahl unbekannter Betroffener Hilfestellung anbieten – am zweiten Tag der Veranstaltung im Bürgerhaus. Dann stellen dort heimische Firmen Produkte aus, die Blinden und Sehbehinderten und Diabetikern mit beginnender Sehschwäche helfen sollen – das sind oft alte Menschen. „Da können sich auch Angehörige informieren“, wirbt Christa Haber (Weitere Informationen auf der Website des Gesprächskreises Romrod).

Der Informationstag soll insgesamt einer nicht genau bezifferten Vielzahl von Blinden- und Sehbehinderten Stimme geben – nicht zuletzt wegen der Führungseinrichtungen an den Straßen.  „Das ist kein Spiel“, warnt Klaus-Dieter Böcking. „Das hat alles seinen Sinn.“

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