Reportage: Alsfelder Modellflieger baute ein professionelles FluggerätDer mit seiner Drohne den Überblick behält
ALSFELD. Dieses Ding durchlebt eine wundersame Wandlung, wenn es erst einmal abhebt. So am Boden, da sieht man vor allem die filigranen Plastikteile, eine Menge Drähte – ein teures Spielzeug? Aber einmal in der Luft, wenn sie klingt wie ein ganzer Schwarm wütender Hornissen, wenn sie sich bewegt, dreht, steigt und Leben signalisiert, dann wirkt sie gefährlich, die Drohne, die Christian Pettermann gebaut hat. Theoretisch ist sie das auch – aber vor allem kann das Gerät von oben gut sehen.
Christian Pettermann steht auf Fluggeräte, solange er denken kann: Seit über 20 Jahren ist er Mitglied im Modellsportverein Alsfeld und seit sechs Jahren auch der Vorsitzende der Flieger auf der Flanke des Alsfelder Hombergs. Er hat schon jede Menge Fluggeräte gebaut, ehe er sich an die Königsklasse der Modellflieger heranwagte: den Hubschrauber. Einen neun Kilogramm schweren Hughes-Flieger – Marke Magnum-TV-Serie – brachte der gebürtige Liederbacher unfallfrei in die Luft. Und im vergangenen Herbst legte Christian Pettermann noch einen drauf: mit dem Bau eines Hexacopters – eines Helicopters mit sechs Rotoren also. So ein Teil kann deutlich mehr. Es taugt auch für den professionellen Einsatz als kameratragende Drohne.
Die Bezeichnung Drohne weist schon darauf hin: Das ist kein Spielzeug mehr, das Männerherzen höher schlagen lässt, weil es in der Luft Pirouetten schlägt. Eine Drohne ist ein unbemanntes Luftfahrzeug, das Aufgaben erledigen kann. Militärisch haben diese Geräte einen zweifelhaften Ruf erlangt, und auch die zivile Variante – die vor allem eine Kamera in die Luft hebt – birgt Stoff für böse Absichten: als Instrument für Big-Brother-Ideen oder sensationsgeile Paparazzis. Weder das eine noch das andere hatte Christian Pettermann vor, als er sich dranmachte, das Gerät zu bauen. Selbst zu bauen!
„Das habe ich nicht als Komplett-Satz gekauft“, erzählt der in Niederaula lebende, kaufmännische Angestellte. Mit dem Wissen und der Erfahrung aus jahrelangem Modellbau besorgte er sich die nötigen Bestandteile für einen Hexacopter. Mit den sechs Rotoren sind Hexacopter nämlich wesentlich flugstabiler als ähnlich kleine Hubschrauber-Nachbauten – und tragfähiger.
Der Modellbastler fügte Ausleger zu einem sechsarmigen Gerät rund um einen kräftigen Akku zusammen. Er fügte sechs Elektromotoren mit je 300 Watt Leistung an die Enden und bekam so ein vier Kilogramm schweres Fluggerät, das immerhin bis zu zehn Kilogramm Last tragen kann. Der Clou liegt aber mehr in der Steuerung und der fotografischen Einrichtung: Unter das Gerät platzierte Bettermann eine handelsübliche Gopro3-Action-Videokamera und versah das Ganze mit einer GPS-Steuerung, die sich im Alltag als höchst wirkungsvoll und nützlich erwiesen hat.
Selbstbau für rund 2500 Euro
Gut 2500 Euro hat ihn der Selbstbau gekostet, erzählt er, während er die Drohne nach dem Akkuladen für den nächsten Flug über Alsfeld fertigmacht: Kabel zusammenstöpseln, Elektronik aktivieren, Kamera mit der Steuerung im Handy verbinden. Via Handy kann er die Kamera von Foto auf Video umstellen, ohne, dass die Drohne landen muss – und im nächsten Schritt will er auch live sehen können, was die Kamera sieht.
Wenn der Pilot die Drohne mit der GPS-Steuerung in die Luft bewegt, dann braucht er sich um Abdrift und Höhenkontrolle nicht zu kümmern: „Ich schiebe die Drohne irgendwo hin, und die GPS-Steuerung sorgt dafür, dass sie da bleibt“, erklärt Christian Pettermann. Das demonstriert er mit dem knapp über den Köpfen schwebenden Gerät: Als er es an den Kufen packt und ein paar Meter zieht, ist wütendes Motor- und Rotorgeräusch die Folge: „Die Steuerung will die Drohne an ihre Position zurückbringen.“
Der Mann am Steuerpult kann sich auf die Fotos und Videobilder konzentrieren, die die Kamera am selbstausrichtenden Kardangelenk produziert. Elf Minuten Zeit hat der Pilot dazu bei jedem Flug: So lange hält der Akku.
Das ist viel Zeit, um wunderbare Bilder und Filme aus der Luft zu machen – zur Not sogar ohne Pilot, denn die GPS-Steuerung lässt die Drohne während ihrer Flugzeit auch einen vorprogrammierten Kurs abfliegen und sich dabei in bestimmte Richtungen ausrichten. Das ist dann kein Hobby-Gerät mehr, sondern taugt für den professionellen Einsatz.
Ein bisschen in die Richtung denkt Christian Pettermann auch. Um die Drohne gewerblich nutzen zu können, musste er sie anmelden. „Privat kann ich machen, was ich will, wenn ich eine Haftpflichtversicherung habe.“ Für den gewerblichen Einsatz allerdings benötigte er neben einer weitergehenden Haftpflichtversicherung auch eine Genehmigung vom Regierungspräsidium in Kassel. Die „Flugerlaubnis für unbemannte Flugobjekte“ bekam er bei seiner Erfahrung und gegen Vorlage einer technischen Beschreibung ohne Probleme. Nun darf er das Teil überall aufsteigen lassen – und beflügelt die Fantasie über die Einsatzmöglichkeiten. Architekten und Immobilienmakler fragen schonmal nach, erklärt er. „Die brauchen Bilder von ihren Objekten.“ Auch mancher Häuslebauer könnte sich über Luftbilder freuen.
Dann ließen sich sicherlich auch manche spannende Bilder aus Nachbars Privatleben einfangen. Nein, schränkt der Drohnen-Pilot ein. Das steht in der Genehmigung: Er darf mit dem Fluggerät niemandes Privatsphäre verletzen.
Von Axel Pries
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